Seite 43 - PLUS_01_2014

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Sport
WELSCHNOFEN
- (ar) Die 35-jährige Welschnof-
nerin Karen Putzer hat in ihrer Ski-Karriere acht
Weltcuprennen gewonnen. Trotzdem hat die zwei-
fache WM-Medaillengewinnerin nie ihre Laufbahn
beendet. In der heutigen „PLUS“ spricht sie über
die Gründe und vieles mehr..
Laut Wikipedia sind Sie nicht
mehr aktiv, aber Ihre sportliche
Karriere wird in der Gegenwart
geschrieben. Gab es kein Karri-
ereende?
Nein, einen offiziellen Rücktritt
habe ich nicht bekanntgegeben.
Ich wurde 2010 von den Olympi-
schen Winterspielen in Vancouver
ausgeschlossen, obwohl ich in der
Weltrangliste zu den vier besten
italienischen Riesentorläuferinnen
zählte. Somit erübrigt sich für mich
jegliche Erklärung.
Sie haben insgesamt acht Welt-
cuprennen für sich entschieden,
je vier im Super-G und im Rie-
sentorlauf. Was verbindet und
trennt diese Disziplinen?
Nun ja, die Kurventechnik ist die-
selbe. Für den Riesenslalom benötigt
man etwas mehr Training. Für mich
ist der Super-G eine Instinktsache,
aber auch eine Frage der Linienwahl.
Zudem gibt es hier die Sprünge und
das Gefühl, in der Luft zu sein.
Diese gibt es im Riesentorlauf nicht,
außer man landet ungewollt in den
Fangzäunen.
2002/03 war das beste Jahr der
Karen Putzer. Können Sie es noch
einmal grob skizzieren?
Ich erzielte fünf Siege bei Welt-
cuprennen und belegte in der Ge-
samtwertung den zweiten Rang
hinter der Kroatin Janica Kosteli
é
.
Im Kampf um die kleine Kristall-
kugel im Riesenslalom unterlag
ich der Schwedin Anja Pärson
um einen winzigen Zähler. Es war
nicht einfach, in drei Disziplinen
auf hohem Niveau mitzuhalten,
zumal es im italienischen Verband
keine Struktur gab, um als gute
Allrounderin geformt zu werden.
Karen Putzer
Jahrelang wanderte ich von einer
Trainingsgruppe zur anderen. Das
kann normalerweise nicht erfolg-
versprechend sein, daher wundere
mich selbst heute noch über diese
überragende Saison.
Neben vielen Erfolgen haben
Sie sich zwei Hüftoperationen
unterziehen müssen. Gab es nie
Momente der Resignation und
des Selbstzweifels?
Ein Kreuzbandriss wäre gewiss einfa-
cher gewesen. Für meine Hüftverlet-
zung gab es noch keine Präzedenz-
fälle im Skisport. Der medizinische
Eingriff und die Rehabilitation sind
das geringere Übel. Wesentlicher
sind die Erfahrungswerte die man
sammelt, dass man die Freundschaft
jener Menschen schätzen lernt, die
auch in schwierigen Momenten hin-
ter einem stehen.
Wenn man es pathetisch betrach-
tet, sind Verletzungen oft Schick-
salsschläge, die Türen öffnen.
Welche Türen haben sich für Sie
geöffnet?
Durch die Verletzungen hatte ich
ja keine Garantie, je wieder Ski-
rennen bestreiten zu können. Aus
diesem Grund bin ich zurück an
die Uni gegangen und habe dort
Prüfungen abgelegt. Je öfter ich
verletzt war, desto mehr Prüfungen
habe ich positiv absolviert. In dieser
Hinsicht hatte ich nicht so viel
Zeit zum Grübeln. Ferner habe ich
auch an der Uni meinen Bezug zum
Skisport nicht ganz unterdrückt. So
behandelte meine Diplomarbeit die
strafrechtliche Haftung von Skifah-
rern bei Lawinen.
Was machen Sie zurzeit, nachdem
Sie keine Skipiste mehr hinun-
terfahren?
In diesen Tagen beginne ich mit
den Vorbereitungen für die Olym-
pischen Winterspiele in Sotschi.
Ich werde aber nicht als Skirenn-
läuferin in Russland an den Start
gehen, sondern als Expertin für
den Pay-TV-Sender Sky Italia die
alpinen Bewerbe kommentieren und
werde mich darauf genauso gut und
akribisch vorbereiten, als ob es ein
Rennen von mir wäre..
Mit welchem Argument würden
Sie trotz der Licht- und Schat-
tenseiten des alpinen Skisports
jungen Menschen raten, diese
Disziplin auszuüben?
Der Skisport zeichnet sich durch
seine Vielfalt aus. Jeden Tag findet
man andere Bedingungen vor und
kann sich in anderen Disziplinen
messen. Zudem befindet man sich in
der Natur und ist immer mit gleich-
gesinnten Sportlern unterwegs, ob-
wohl es sich beim alpinen Skisport ja
um eine Einzelsportart handelt und
jeder Athlet im Grunde genommen
auf sich allein gestellt ist.
FOTO © Pentaphoto
FOTO © Gerwig Löffelholz
FOTO © Privat
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Karen Putzer in Aktion
Trotz Nichtberücksichtigung überwog in
Vancouver der Spaß
„Ein offizielles
Karriereende gab es nicht“
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