Seite 26 - WIR_04_2013

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Gesellschaft
Willkommen bei Schlaraffia!
BOZEN
-
(swa) Lang ist der Weg bis zum Ritterschlag, doch für die Junker Max und Karl hat die
Vorbereitung nun ein Ende. Vor kurzem wurden sie während einer großen Feier als Ritter ins Bozner
Schlaraffia-Reych „Pons Drusi“ aufgenommen.
D
ie Schlaraffen sind keineswegs nur Genießer,
wie man vielleicht von Schlaraffenland
vermuten würde. Doch eines haben die
Männer, die in der weltweiten, ausschließ-
lich deutschsprachigen Vereinigung Schlaraffia
zusammenkommen, dennoch mit dieser Legende
gemeinsam: Sie leben unter dem Wahlspruch „In
arte voluptas“ (In der Kunst liegt Vergnügen) und
widmen sich der Pflege der Freundschaft, der Kunst
und des Humors, und genießen dabei das Leben.
Die Vereinigung wurde am 10. Oktober 1859 von
deutschen Künstlern in Prag gegründet. Inzwi-
schen gibt es weltweit 261 Reyche und Colonien,
so nennen sich die Vereinigungen vor Erhebung
zum Reych. Momentan bestehen sie in Deutsch-
land, der Schweiz, Österreich, Italien, Frankreich,
Spanien, Belgien, Schweden, aber auch in Übersee
in den USA, Kanada, Mexiko, Kolumbien, Vene-
zuela, Ecuador, Brasilien, Argentinien, Thailand,
Australien und Südafrika.
Man trifft sich wöchentlich in der so genannten
Winterung, auf der Nordhalbkugel von Oktober bis
Ende April, auf der Südhalbkugel vom 1. Mai bis
30. Oktober. Aufgenommen werden ausschließlich
Männer in gesicherter Position. Im Jahre 2010
waren rund 10.500 Schlaraffen in Stammrollen
registriert. Zu erkennen sind Schlaraffen au-
ßerhalb ihrer Sippungen an der „Rolandnadel“,
einer kleinen weißen Perle, die am linken Revers
getragen wird.
ZUR BEGRÜSSUNG „LULU“
Pons Drusi, die Bozner Schlaraffen-Vereinigung,
trifft sich am Donnerstagabend in der „Walthari-
Burg“ zum Sippen. Das Vereinslokal im Kulturheim
Gries ist wie ein mittelalterlicher Rittersaal aus-
gestattet. Auch die Zusammenkünfte verlaufen
nach einem festgelegtem Zeremoniell in Form
eines Ritterspieles. Leicht ist dies alles nicht
zu durchschauen. Nicht Eingeweihte verstehen
kaum etwas vom Schlaraffenlatein, und werden
sich wundern, mit welch bunten Gewändern die
Herren einmarschieren. Sturmhauben, Helme
und Rüstungen sind in den Farben des jeweiligen
Reychs gehalten, die „Fechsungen“, Vorträge in
literarischer, musikalischer oder künstlerisch-
darstellender Form, leben durch die redegewandte,
einfallsreiche und humorvolle Sprache mit ihren
eigenen Ausdrücken. So lautet der schlaraffische
Gruß „Lulu“.
DER UHU IST IN JEDER BURG ZU FINDEN
Er ist der Inbegriff von Weisheit, Humor und Tugend.
Beim Betreten der Burg wird er von den Schlaraf-
fen mit einer tiefen Verbeugung begrüßt. Damit
beginnt das schlaraffische Spiel, das sich auch
nicht an bestehenden Zeitrechnungen orientiert,
sondern das Gründungsjahr ihrer Vereinigung zur
Basis nimmt. Sie leben jetzt im Jahr anno Uhui 154.
Die Zusammenkünfte verlaufen nach einem immer
wiederkehrenden Ritual: Der erste Teil ist den
„Ambtshandlungen“ gewidmet. Der fungierende
Oberschlaraffe eröffnet die Sippung durch die
Begrüßung der eingerittenen Gäste, d. h. „Sas-
sen“ anderer Reyche, der sich die Verlesung des
amtlichen Protokolls der vergangenen Sippung
durch den Marschall sowie eines nicht-amtlichen
Protokolls anschließt. Dem folgt eine „Schmus- und
Atzungspause“, das heißt, es wird gegessen und
getrunken. Jeder kann sich in eine Fechsungsliste
eintragen und im Anschluss auf die „Rostra“, das
Rednerpult, steigen um die anderen Sassen mit
einfallsreichen, sprachgewandten und humorvollen
Reden zu unterhalten.
DER LANGE WEG ZUM RITTERSCHLAG
Neue Mitglieder müssen durch einen Paten, einen
Schlaraffen-Ritter als „Pilger“ eingeführt werden.
Danach ist eine Zeit als Prüfling zu absolvieren.
Nach der allgemeinen Abstimmung werden sie als
Knappe in das Reych aufgenommen und beginnen
so ihre Laufbahn als Knappe, die danach über
Stand des Junkers bis zum Ritterschlag führt.
Die PLUS war dabei, als dies nun den Junkern Max
und Karl bevorstand.
Ritter „Schulrat“ hatte sie nach einer gründlicher
Prüfung bestätigt und die Oberschlaraffen hatten
ihr Einverständnis gegeben. Abordnungen aus
Innsbruck, Meran und dem weltweit drittältes-
ten Reych Leipzig hatten sich zum großen Tag
eingefunden.
Weitere Informationen über Schlaraffia Pons Drusi
unter
0471 271 426
oder
gioja@gmx.net.
ETWAS SCHLARAFFENLATEIN:
Atzung und Labung = Essen und Trinken
Quell = Bier
Lethe = Wein
Lunte = Zigarre
Pön = Geldstrafe, wird verhängt,
wenn man sich ungebührlich
verhält oder gegen Spiegel und
Ceremoniale verstößt
Benzinross = Auto
Troß= Familie
Burgfrau = Ehefrau
Burgschreck = Schwiegermutter
Burgwonne = Freundin
Clavicimbel = Klavier
Zinkenmeister = Klavierspieler
Minneholz = Gitarre
Quasselstrippe = Telefon
Der fungierende Ritter Blitzguß schlägt Junker Karl (zweiter v.r.) und Junker Max zu Ritter