Seite 29 - PLUS_02_2014

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Präsentation des Buches „Zwischen den
Zeiten“ in Innsbruck 2000 (v. l. Carl
Kraus, alt-LH Wendelin Weingartner,
Marjan Cescutti)
Präsident Marjan Cescutti bei der SKI-
Generalversammlung 2013
Marjan Cescutti
BOZEN
- (ar) Den etwas älteren Generationen ist
Marjan Cescutti noch als Lehrkraft für literarische
Fächer am Gymnasium „Walther von der Vogelwei-
de“ in Gries bei Bozen bekannt. Doch seit jeher
hat sich der heute 76-Jährige der Kultur verschrie-
ben. So ist er beispielsweise seit 1980 als Mitglied
des Kulturbeirates der Südtiroler Landesregierung
tätig; dem Südtiroler Kulturinstitut (SKI) steht
er seit 1999 vor. Zum 60-Jahr-Jubiläum des SKI
definiert Cescutti das Wort „Kultur“, spricht über
die Errungenschaften und Leistungen des SKI und
verknüpft die Begriffe Ethik, Wirtschaft und Kultur.
Wie definieren Sie ganz persön-
lich das Wort „Kultur“?
Kultur ist im Gegensatz zur Natur
alles, was vom Menschen stammt.
Kultur umfasst sowohl Dinge, die
schwer greifbar sind, aber unsere
Sinne ansprechen, wie Sprache,
Musik und den Umgang miteinan-
der, aber auch Gegenständliches.
Als Kulturinstitut wenden wir uns
vor allem jenen Kulturgütern zu,
die zum Schönsten zählen, was
der Mensch geschaffen hat: The-
ater, Literatur, Sprache allgemein,
Kunst, Musik und Tanz. Außer-
dem fördern wir im Rahmen von
Tagungen und Publikationen die
wissenschaftliche Auseinander-
setzung mit diesen Kulturgütern.
Das SKI wird in diesem Jahr 60
Jahre alt. Auf welche Leistungen
und Errungenschaften sind Sie
besonders stolz?
Dem Südtiroler Kulturinstitut ist
es gelungen, sich den jeweiligen
Herausforderungen der Zeit zu
stellen und seine Arbeitsschwer-
punkte entsprechend anzupassen.
Waren es in den ersten Jahren die
Stipendienvergabe, der Aufbau
der Musikschulen oder der Lan-
desbibliothek, die im Vordergrund
standen, so sind es heute der Kul-
turaustausch und der Kulturkon-
takt zum restlichen deutschen
Sprachraum – und vor allem zu
Österreich – durch Theatergast-
spiele, Gastkonzerte und andere
Veranstaltungen.
Auf welche Höhepunkte darf
sich der kulturbegeisterte Süd-
tiroler in diesem Jahr freuen?
Die Gastspiele des Wiener Burg-
theaters und des Deutschen The-
„60 Jahre SKI“
aters Berlin sowie das Konzert der
Regensburger Domspatzen zäh-
len sicher zu den Höhepunkten
im Bereich „Theater und Musik“.
Das Kursfestival „Tanz Bozen“
findet im Sommer bereits zum
30. Mal statt. Bei den Ausstel-
lungen wird sicher jene über das
Sudetenland hervorstechen. Die
Initiativen unseres JuKiBuZ und
unserer Sprachstelle im Bereich
„Lese- und Sprachförderung“ sind
so vielfältig, dass es schwer fällt,
einzelne herauszugreifen.
In Österreich wurde das Wirt-
schafts- mit dem Wissenschafts-
ministerium zusammengelegt.
Wie beurteilen Sie diesen
Schritt?
Ich bedaure diesen Schritt. Die
Wissenschaft soll sich zwar auch
mit Themen befassen, die im In-
teresse der Wirtschaft sind, aber
nicht ausschließlich. Deshalb soll
und muss die Wissenschaft unab-
hängig bleiben.
Kann man Ethik und Wirtschaft
im Hinblick auf die Schnittmen-
ge „Kultur“ vereinbaren?
Ethik, Wirtschaft und Kultur sind
stets auf den Menschen ausge-
richtet. Sein Wohl sollte in all
diesen Bereichen im Vordergrund
stehen. Die Wirtschaft dient dem
Menschen, die Ethik lenkt den
Menschen und die Kultur macht
den Menschen zu dem, was er ist.
Warum sollten diese drei Aspekte
also nicht harmonieren können?
Wie wichtig ist in einer global
vernetzten und schnelllebigen
Welt der Kulturtransfer, ohne
seine eigene Identität preis-
zugeben?
In der Offenheit für das Schaffen
der anderen kann ich erst mein ei-
genes Tun und Handeln als solches
erkennen. Wie kann jemand zu
einer eigenen Identität finden, der
sich nicht mit anderen auseinan-
dergesetzt hat? Kulturtransfer ist
also so wichtig wie der Sauerstoff
zum Atmen.
Läuft die heutige Gesellschaft
Gefahr, den Kulturbegriff zu
verwässern?
Verwässerung ist ein modisches
Schlagwort. Mir zumindest ist nicht
klar, was es bedeuten soll. Kaffee
kann verwässert sein, aber Kultur?
Wo sehen Sie das Südtiroler Kul-
turinstitut in 60 Jahren?
Es wird hoffentlich weiterhin ein
Ort sein, an dem Veranstaltungen
und Ideen entstehen, die zum
Nachdenken anregen, den Horizont
erweitern und die Brücke zwischen
uns und unseren Nachbarn außer-
halb des Landes schlagen.
Kulturinstitut