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Wir brauchen Bräuche
Die Netzwerkarbeit der Bäuerinnen
auf allen Ebene, sei es im Dorf,
auf Bezirks- und auf Landesebene,
ist sehr wichtig. Darauf verwies
Bezirksbäuerin Antonia Egger vor
kurzem in Leifers: „Es gilt den
Kontakt zu den Ortsgruppen - als
Herzstück der Südtiroler Bäuerin-
nenorganisation – zu pflegen und
in regem Austausch die Anliegen
der Bäuerinnen und der Frauen im
bäuerlichen Umfeld auf Bezirksebe-
ne aufzugreifen.“ Deshalb sei die
Bezirksversammlung der Bäuerin-
nen der Ort, wo die Gemeinschaft
und der Zusammenhalt gestärkt
werden kann.
Botschaft an die
Bäuerinnen
Im Herbst stehen die Neuwah-
len der bäuerlichen Gremien an.
Bezirksbäuerin Antonia Egger
ermutigte alle Anwesenden das
Ehrenamt als persönliche und ge-
sellschaftliche Bereicherung zu se-
hen: „Der Zusammenhalt innerhalb
der Ortsgruppen, im Bezirk und
auf Landesebene zeugen von der
Verbundenheit und dem gemeinsa-
men Ziel, sich für die Bäuerinnen
einzusetzen“. Bäuerinnen brauchen
die Gemeinschaft untereinander,
um aus ihr Kraft zu schöpfen für
ihre Familien und für ihre Anliegen
in der Gesellschaft.
Brauchtum leben
Die Bräuche hängen mit den Ri-
tualen zusammen, die es braucht,
um den Alltag gut zu bewältigen.
Für Bezirksbäuerin Egger ist die-
ses Thema ein Herzensanliegen.
„Die Bäuerinnen haben vielerorts
die Bräuche wieder belebt, dafür
bin ich dankbar, weil dadurch die
Dorfgemeinschaft gestärkt wird
und indirekt die Lebensqualität im
ländlichen Raum“. Barbara Stocker,
wissenschaftliche Mitarbeiterin
des Südtiroler Landesmuseums
für Volkskunde, bestätigte dies
in ihrem Vortag: „Sie bringen eine
Struktur in unser Leben, eine ge-
wisse Ordnung. Auch wenn wir
heute digitale Zeitmessgeräte ha-
ben, so richten wir uns immer nach
dem Brauchkalender. Wir sprechen
von Sebastian, Lichtmess, Martini
und mehr.“
Zukunft braucht
Herkunft
Bräuche kommen und gehen, vor
allem bei den Bräuchen, die in
Verbindung mit der Landwirtschaft
stehen, ist der Wandel sichtbar. Die
Entwicklung vom bäuerlichen Dorf
zur modernen Gesellschaft führt zu
Veränderungen, so Barbara Stocker.
Sie zeigte eine Reihe von alten und
neuen Bräuche auf, von weltlichen
sowie religiösen. Abschließend
wies sie auf die Notwendigkeit
hin, die Veränderungen der Zeit
anzunehmen und doch die Bräuche
nicht in Vergessenheit geraten
zu lassen.
Anliegen der Bäuerin-
nen öffentlich machen
Die Landtagsabgeordnete Maria
Hochgruber Kuenzer sagte in den
Der Bezirskbäuerinnenrat gratulierte Rosl Viehweider zu ihrer Auszeichnung mit
der Verdienstmedaille des Landes Tirol: Maria Dorfmann, Heidi Pichler, Landesbäu-
erin Hiltraud Erschbamer, Marianne Mair, Rosa Viehweider, L.-Abg. Maria Kuenzer,
Bezirksbäuerin Antonia Egger, Susanna Login (v.l.)
Grußworten der Bezirksbäuerin
ihre Unterstützung zu. „Es ist mir
wichtig, die Anliegen der bäuer-
lichen Familien nach außen hin
transparent und damit öffentlich
zu machen und mich dafür ein-
zusetzen“.
DEN BÄUERINNEN DAS WORT
In Zusammenarbeit mit
BEZIRK BOZEN
- Vor kurzem lud Bezirksbäuerin Antonia Egger zur Bezirksversammlung Bozen und ermu-
tigte die Bäuerinnen, das Ehrenamt als Bereicherung anzusehen. Zum Thema „Brauchtum im Alltag“ gab es
einen interessanten Vortrag.
Brauchen wir Bräuche?
Schon das Wort Brauch leitet sich
von brauchen ab. Die ganze Welt
braucht Bräuche, in allen Kulturen
finden wir sie. Bräuche dienen zum
Ausdruck von Freude, Zustimmung,
Trauer, auch des Protestes. Sie sind
Stütze in unserer Lebensbewäl-
tigung.
Sind Bräuche nicht konservativ,
nur etwas für traditionsbewusste
Menschen?
Nein, von Geburt an bis zum Tode
werden wir von Bräuchen begleitet,
auch wenn wir mit all dem nichts
am Hut haben wollen. Denn ob Sie
es vollen oder nicht, jemand wird
Ihnen „frohe Feiertag“ wünschen
oder zum Geburtstag gratulieren.
Interview mit Barbara Stocker, wissenschaftliche Mitarbeiterin des
Südtiroler Landesmuseums für Volkskunde
Bräuche bestimmen unseren Alltag
und unsere Festtage, sie sind nicht
starr, sie wandeln sich, Bräuche
verschwinden, neue entstehen.
Zum Beispiel?
Ein alter Brauch ist die Kräuterwei-
he am 15. August/ Mariä Himmel-
fahrt. Dieser Brauch wird immer
noch gefeiert. Andere Bräuche aus
der bäuerlichen Arbeitswelt und aus
dem Handwerk sind verschwunden,
z.B. das Zunftfest oder das Krageln.
Dieser Brauch ist Teil des Flachs-
brechelns. Halloween ist bei uns
erst Mitte der 90er Jahre bekannt.
Wie sollen wir mit den Änderun-
gen der Zeit umgehen?
Vergessen wir nicht, wir alle neh-
men die Neuerungen der Zeit an,
die einen mehr, die anderen weni-
ger. Es nützt nicht einer verlorenen
Welt nachzutrauern, wir müssen
uns unseren heutigen Herausfor-
derungen stellen. Was aber nicht
heißt, dass wir Bräuche, Lebensar-
ten und Tradition verlieren müssen.
Barbara Stocker, wissenschaftliche Mitar-
beiterin des Südtiroler Landesmuseums
für Volkskunde