Seite 25 - PLUS_03_2013

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porträt
Andreas Pfeifer
gries/bozen
- (ar) Wer hie und da die TV-Programme verfolgt weiß, dass
der Südtiroler Andreas Pfeifer ein sehr bekanntes Fernsehgesicht ist. Seit 1988
arbeitet er für den ORF. Seit 2007 leitet Pfeifer das außenpolitische Ressort. Im
Interview mit der PLUS spricht der 48-jährige Journalist über seinen Beruf,
eine kritische Presse als Stärkung der Demokratie und seine
Abwesenheit bei Facebook und Twitter.
In der ZIB-Redaktion im ORF-Zentrum
P
LUS: Herr Pfeifer, was
zeichnet einen guten
Journalisten aus?
Andreas Pfeifer: Ein guter
Journalist ist ein gewiefter
Handwerker der Sprache und der
redlichen Recherche. Er bleibt sei-
nem Sachgegenstand verpflichtet
und verfügt daher bei Bedarf auch
über die Tugenden der Unberechen-
barkeit und der Gehorsamsverweige-
rung – gegenüber der Politik, seinen
Chefs und anderen Autoritäten, die
ihn daran hindern wollen, sich seine
Pressefreiheit zu wahren.
PLUS: Gleiche Frage, umgekehrte
Vorzeichen!
Andreas Pfeifer: Ein schlechter
Journalist liefert nur bestellte Ware
ab, keine überraschende Erkenntnis.
Und er sonnt sich im Glanz seiner
Gesprächspartner.
PLUS: Verliert der Journalist sei-
ne Glaubwürdigkeit, wenn er
sich bloß als Dienstleister sieht?
Andreas Pfeifer: Journalismus ist
durchaus eine Dienstleistung für
eine aufgeklärte Gesellschaft, die
fer zu sozialen Netzwerken á la
Facebook?
Andreas Pfeifer: Die sozialen Medien
tragen zur Demokratisierung der
öffentlichen Kommunikation bei
und spielen auch bei demokrati-
schen Entscheidungsprozessen eine
wichtige Rolle – zuletzt etwa im
amerikanischen Präsidentschafts-
wahlkampf. Allerdings tragen diese
Foren auch zur Polarisierung bei,
weil sich zeigt, dass im Internet
häufig nach der Bestätigung, kaum
nach der Relativierung der eigenen
Meinungen gesucht wird. Über mich
daran interessiert ist, die von Inte-
ressen oder Ideologien überwucher-
ten Informationen auf ihren Wahr-
heitsgehalt zu überprüfen. Aber es
wäre eine wertlose Dienstleistung,
wenn sie sich kaufen ließe.
PLUS: Gibt es ein „Hoppala“ aus
Ihrem Journalistenleben, über
das Sie heute noch schmunzeln?
Andreas Pfeifer: Ich habe als auf-
geregter Jungjournalist einen ös-
terreichischen Außenminister vor
laufender Kamera gefragt, ob er
Boris Jelzin für einen eingefleisch-
ten Komponisten hält. Der Minis-
ter war großzügig genug, diesen
Misston zu überhören. Ich wurde
dabei ziemlich rot - freilich nicht
im politischen Sinne.
PLUS: Warum sind in Ihrem Be-
rufsbild der Glaube an sich selbst
und an die eigene Fähigkeit so
wichtig?
Andreas Pfeifer: Journalisten bewe-
gen sich ständig in der Öffentlich-
keit und sind dennoch Einzelkämp-
fer. Deshalb ist es wichtig, sich auf
sich selbst verlassen zu können. Vor
allem dann, wenn es nötig ist, sich
auch einmal unbeliebt zu machen.
PLUS: Gibt es noch Bedarf an
journalistischen Inhalten in un-
serer Informationskultur?
Andreas Pfeifer: In unserer bun-
ten und weitläufigen Medienland-
schaft drohen die Grenzen zwischen
Berichterstattung und Werbung,
Kommunikation und Kampag-
ne, Information und Fiktion zu
verschwimmen. Weil die tägliche
Informationsflut, die über uns he-
reinbricht, riesig ist, ist es kaum
noch möglich, ihr auf den Grund
zu gehen. Der Journalist hat den
Job, sich diese Arbeit anzutun.
PLUS: Wie steht Andreas Pfei-
persönlich werden Sie auf Facebook
oder Twitter nichts erfahren.
PLUS: Glauben Sie, dass eine
kritische Presse die Demokra-
tie stärkt?
Andreas Pfeifer: Sie stärkt die De-
mokratie, weil sie für Meinungsp-
luralismus sorgt. Auch in Südtirol
zeigt sich gerade, wie wichtig es ist,
nicht nur den etablierten Medien zu
vertrauen, sondern vielen, auch sys-
temkritischen Stimmen zuzuhören.
Echte Demokratien halten das aus.
PLUS: Vielen Dank für das per-
sönliche Interview!
Bei einer Analyse zur Lage in Syrien im Newsroom mit ZIB-Moderatorin Marie-
Claire Zimmermann
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