Starla Coffee
BOZEN/ROSSMOOR
- (ar) Die US-Amerikanerin
Starla Coffee ist eine sehr aufgeschlossene und ziel-
strebige Dame. Sie studiert am Connecticut College
Sprachen und Kulturen (Deutsch und Italienisch).
Derzeit absolviert sie ein Praktikum beim Südtiro-
ler Schützenbund. Im Gespräch mit der „PLUS“
sprach die 20-Jährige über Werte, das fehlende
Geschichtsbewusstsein der USA und Südtirol.
Wie kommt eine US-Amerikane-
rin nach Südtirol?
Ich habe mich in einem kompeti-
tiven Verfahren an meiner Uni auf
Unterstützung durch ein internati-
onales Studienprogramm, das „Toor
Cummings Center for International
Studies and the Liberal Arts“ (CISLA)
beworben. In meiner Bewerbung
habe ich in einem Exposé darge-
legt, wie ich mir eine mögliche
Diplomarbeit zum Thema „Südtiroler
Geschichte und Identität“ vorstellen
könnte. Mit der Annahme meiner
Bewerbung hat CISLA mir garantiert,
ein Praktikum in Südtirol zu finan-
zieren, um mir praktische Erfahrung
und Recherche zu ermöglichen.
Wie kam der Kontakt mit dem
Südtiroler Schützenbund und die
damit verbundene Praktikanten-
stelle zustande?
In Anbetracht meiner Arbeit und
der Leidenschaft der Schützen zur
Kulturbewahrung war der Südtiroler
Schützenbund eine perfekte Option.
Daher habe ich dort frühzeitig nach
einem Praktikum angefragt, und die
Schützen haben mich freundlich
begrüßt.
Die Schützen sind ein Tiroler Tra-
ditionsverein. Wie wichtig sind
Ihnen Werte und Traditionen?
Das Kulturerbe meines Heimatlandes
reicht leider nicht so weit zurück
wie das von Südtirol. Das bedeu-
tet aber nicht, dass mir Werte und
Traditionen nicht auch sehr wichtig
sind. Ich habe mir immer kulturelle
Traditionen gewünscht und glaube
daran, dass die Werte und Traditio-
nen sehr hilfreich dabei sind, eine
eigene Identität zu finden.
Oft wird vom fehlenden Ge-
schichtsbewusstsein Amerikas
gesprochen. Was ist da Wahres
dran?
Ich glaube, dass wir Amerikaner
manchmal wirklich ignorant sein
können. Aber ich glaube auch, dass
diese Ignoranz nicht allein eine
amerikanische Besonderheit ist.
Man muss sich daran erinnern: In
den USA leben über 310 Millionen
Menschen, das heißt, eine Auswahl
an Befragten darf nicht zu einer
„Südtiroler sind beständig“
Verallgemeinerung für die ganze
USA führen. Es ist aber schlimm,
dass Menschen ohne angemessene
Geschichtskenntnis noch heute für
die ganze USA stehen.
Warum beinhaltet ein gutes
Geschichtsbewusstsein die
Vergangenheitsdeutung, das
Gegenwarts¬verständnis und
eine Zukunftsperspektive?
Ich stelle mir die Geschichte nicht
als eine Serie von isolierten Ereignis-
sen in der Vergangenheit, sondern
als einen ewigen Ablauf vor. Dieser
Ablauf enthält alle Geschehnisse,
wie sie in der Vergangenheit auftra-
ten, wie sie sich in der Gegenwart
äußern und wie sie in der Zukunft
weiterleben werden. Die Geschich-
te verbindet damit Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft, um uns die
Möglichkeit zu geben, ein besseres
Selbstverständnis im Kontext un-
serer Welt (wie sie war, wie sie ist
und wie sie sein wird) zu gewinnen.
Was kann Amerika von Südtirol
lernen …
Amerika könnte sich auf der einen
Seite weniger darum kümmern, den
Einzelnen in die „amerikanische
Kultur“ zu integrieren, aber auf
der anderen Seite verstärkt darauf
achten, dass verschiedene Sprach-,
Kultur-, und Volksgruppen mehr
Unterstützung und Schutz erhalten.
Wie würden Sie einen Südtiroler
mit dem Blick „von außen“ cha-
rakterisieren?
Aufgrund der großen kulturellen
Vielfalt, fällt es mir schwer, „den“
Südtiroler zu charakterisieren. Man
kann jedoch sagen, dass die Süd-
tiroler beständig sind. Sie standen
immer zu ihrer Kultur, ihrer Ge-
schichte und ihren Traditionen.
Könnten Sie sich vorstellen,
länger bei uns zu bleiben?
Südtirol gefällt mir sehr gut, und ich
hätte mir nicht vorstellen können,
dass diese zwei Monate ausreichen
werden, um das Land und seine
Menschen gut kennenzulernen.
Ich würde gerne länger bleiben, aber
es wäre schwer, immer so fern von
meiner Heimat zu leben.
Starla Coffee als Praktikantin im Büro des Südtiroler Schützenbundes, im Bild
mit Richard Andergassen (links) und Egon Zemmer.
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Portrait