stellten Aufgabe, nämlich der flä-
chendeckenden Erfassung der Tiroler-,
besonders der Südtiroler Volkstrach-
ten, damit diese von den für Deutsch-
land Optierenden als lebendiger Teil
ihrer Kultur in die „neue Heimat“
mitgenommen werden konnten. Dort
wo die Tracht bereits abgekommen
war, wurde sie großzügig rekonstru-
iert, um gleichsam als „germanisches
Erbgut“ lebendig erhalten zu werden.
Forschung mit fatalen Folgen
Die Auswirkungen auf die Trachten-
forschung waren durch dieses Vorge-
hen fatal, denn der Generalisierung
bei der Schaffung der Talschaftstrach-
ten fielen viele lokale Unterschiede
zum Opfer. Letztlich wurde auch die
chronologische und typologische
Entwicklung, etwa von der kurzen
Lederhose zur langen Stoffhose völlig
verwischt und die Tracht dadurch
gleichsam standardisiert. Unter dem
Schlagwort der „lebendigen Tracht“
erreichte man dadurch vielfach das
Gegenteil, nämlich eine Uniformierung
und eine totale Erstarrung in der
Entwicklung der Festtagskleidung.
Von größter Bedeutung war Pesen-
dorfers Werk „Neue deutsche Bauern-
trachten - Tirol“, das in München
1938 erschienen ist. In den einleiten-
den Passagen des Buches, die es an
Anklängen an die vorherrschende
Ideologie nicht fehlen lassen, geht
sie dabei auf die Bedeutung der Tracht
gerade im Tiroler Raum ein.
Pesendorfers Arbeiten innerhalb des
Ahnenerbes bildeten auch die Grund-
lage für das nach dem Ende des Krie-
ges zum Druck vorbereiteten Buches
„Lebendige Tracht in Tirol“, das 1982
in einer neuen Auflage gedruckt wur-
de und bis heute weit verbreitet ist.
Für viele Interessierte, aber auch
immer noch für manchen Fachmann
und manche Fachfrau, stellt dieses
Werk heute noch eine Art von Bibel
dar, das häufig völlig unkritisch über
die neueren Erkenntnisse der Beklei-
dungsgeschichte gestellt wird. Die
weite Verbreitung der Pesendorfer
Optionstrachten in Nord- und Südti-
rol stellt heute für die Trachtenpfle-
ge ein nicht geringes Problem dar.
Die Arbeitsgruppe „Unsere Tracht“,
eine wissenschaftlich tätige For-
schungsgruppe im Bereich der Beklei-
dungsgeschichte, bemüht sich seit
Jahren um die Rückkehr zu den lo-
kalen Besonderheiten der sehr klein-
räumig verbreiteten Tiroler Volks-
trachten zwischen Kufstein und Ala.
Diesen
Beitrag hat
Univ. H-Prof.
Doz. DDr.
Helmut
Rizzolli,
Obmann der
Arbeitsgruppe
„Unsere Tracht“
für Sie
verfasst.
Ohne Rücksicht auf lokale Unterschiede sah Pesendorfer für
das Pustertal eine Einheitstracht vor. Der ehemals breite
gelbgrüne Scheibenhut ist in ihren Entwürfen nur mehr
eine Schwundform.
Auf Grundlage der im Bozner Museum befindlichen
Guntschnaer Frauentracht wurde diese für Bozen adaptiert,
ohne zu bedenken, dass im städtischen Umfeld eine völlig
andere Kleidung nachweisbar ist.
Unter dem Titel „Lebendige Tracht in
Tirol“ wurde das Werk Gertrud
Pesendorfers 1982 neu aufgelegt.
Foto: Trachtenarchiv H. Rizzolli.
Foto aus Gertrud Pesendorfer, Neue deutsche Bauerntrachten – Tirol, München 1938.
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