Seite 5 - PLUS_09_2013

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Titel
Basisdaten
In Südtirol liegt der jährliche Stromver-
brauch laut der 2012 veröffentlichten „ASTAT-
Energiebilanz 2009“ (die Daten beziehen
sich also auf das Jahr 2009) bei 2.947 GWh
(Gigawattstunden), während allein durch
Wasserkraft 5.760 GWh erzeugt werden. Der
überschüssige Strom wird ins restliche Italien
exportiert. Einziger Wermutstropfen in dieser
an sich erfreulichen Bilanz ist die Tatsache,
dass der jährliche Energieverbrauch stärker
ansteigt als die Stromproduktion, d.h. das
Polster wird von Jahr zu Jahr dünner, auch
wenn es noch einige Jahre dauern wird, bis
die Grenze erreicht sein wird. Trotzdem wird es
von politscher Seite wichtig sein, das Problem
beizeiten anzugehen, um nicht irgendwann
in Bedrängnis zu geraten.
Freier Markt und geschützter Markt
Was hingegen die Liberalisierung des Marktes
angeht, so müssen wir uns momentan keine
allzu großen Sorgen machen. Das Gesetz sieht
nämlich neben dem freien Markt auch einen
geschützten Markt vor, auf welchem eben
der Gesetzgeber bzw. die dafür vorgesehene
Institution („autorità per l’energia elettrica
e il gas“) die Preise vorgibt. Der Verbraucher
kann also selbst entscheiden, ob er seinen
Strom auf dem geschützten Markt zu fest-
gesetzten Preisen, oder aber auf dem freien
Markt zu liberalisierten Tarifen beziehen will.
Bleibt die Frage: Welche Ersparnis kann der
Umstieg auf den freien Markt dem Endver-
braucher bringen? Große Unternehmen werden
aus einer starken Verhandlungsposition heraus
sicherlich Nutzen aus dem Angebot des freien
Marktes ziehen und vorteilhafte maßgeschnei-
derte Verträge mit welchem Anbieter auch
immer abschließen können. Ebenso interessant
gestaltet sich die Alternative auch für kleinere
Unternehmen mit hohem Energiebedarf, und
auch durchschnittliche Haushalte können Er-
sparnisse erzielen, allerdings halten sich diese
in Grenzen. Bestenfalls sinkt die jährliche
Stromrechnung für Durchschnittshaushalte
um einige wenige Prozentpunkte. Besten-
falls, denn es gibt durchaus auch Anbieter,
bei denen die Rechnung unterm Strich sogar
teurer wird.
Lohnt sich der Umstieg von öffentlich
auf privat?
Beim Umstieg auf den freien Markt ist für den
privaten Haushalt also Vorsicht geboten. Ein In-
sider (*) rät, sich gegebenenfalls an die einhei-
mischen Anbieter zu halten. Diese liegen nicht
nur im jährlich von der ASTAT durchgeführten
Strom- und Gastarife-Vergleich im Spitzenfeld;
wenn es Probleme mit der Rechnung gibt, hat
man hier zumindest einen Ansprechpartner,
während die großen nationalen Stromhändler
durchwegs auf eine der berühmt berüchtigten
grünen Nummern verweisen.
Der Traum vom Billig-Strom für Haushalte wird
also vorerst noch ein Traum bleiben, und das
liegt vor allem an der Zusammensetzung der
Stromrechnung. Die reinen Stromkosten sind
nämlich nur ein Teil der Summe; bei Haus-
haltsanschlüssen machen sie etwa die Hälfte,
im Falle von Vielverbrauchern sogar nur etwa
ein Drittel des Rechnungsbetrages aus. Dazu
kommen noch die Transportspesen (also die
Kosten für das Stromnetz), die Abgaben fürs
Elektrowesen (womit in erster Linie erneu-
erbare Energien gefördert werden) und die
entsprechenden Steuern. Das Gesetz erlaubt
aber nur die freie Gestaltung des Strompreises,
während die restlichen Beträge auch auf dem
freien Markt behördlich festgesetzt bleiben.
Die Anbieter könnten also höchstens einen
Rabatt auf diese Zusatzkosten anbieten (einer
der lokalen Anbieter sieht dies vor), diese
aber nicht selbst bestimmen.
Im Endeffekt bleibt den Verkäufern auf dem
freien Markt also der oben genannte Spiel-
raum. Ob diese Ersparnis das Durchackern der
mannigfaltigen, teils schwer zu verstehenden
Angebote lohnt, muss jeder für sich entschei-
den. Eine einfachere Form der Ersparnis wäre
sicherlich ein achtsameres Verhalten schon im
Verbrauch: Keine unnötige Festbeleuchtung im
Haus, Geräte nicht unnötig laufen lassen, auch
das sogenannte Stand by kostet, usw. usf..
Dies käme dann nicht nur dem Geldbeutel,
sondern auch unserer Energiebilanz zugute.
(*) der Betreffende ist in der Branche tätig,
möchte aber namentlich nicht genannt werden.
Fotos: Sel AG