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Hermann Stuppner
GÖTZENS/BOZEN
- (ar) Der bis zu seinem sechs-
ten Lebensjahr in Deutschnofen aufgewachsene
Hermann Stuppner ist stellvertretender Leiter des In-
stitutes für Pharmazie und Studiendekan der Fakul-
tät für Chemie und Pharmazie an der Uni Innsbruck.
Sein Steckenpferd ist die Pharmakognosie.
M
it der „PLUS“ spricht er
über seine Leidenschaft,
die ungeliebte Bürokratie
und vieles mehr.
Wie kamen Sie zur Pharmazie,
bzw. die Pharmazie zu Ihnen?
Vor meiner Matura am Bozner Fran-
ziskanergymnasium wusste ich,
dass ich ein naturwissenschaftli-
ches Studium einschlagen werde.
Für die Entscheidung wichtig war
die Aussicht auf einen sicheren Ar-
beitsplatz als Apotheker, aber auch
die Möglichkeit in der Industrie
oder an der Universität Karriere
machen zu können.
Das Pharmaziestudium ist sehr
zeit- und lernintensiv. Wie kann
man dieses „schwere“ Studium
schaffen?
Im Vergleich zum Jahr 2000 hat
sich die Zahl der Studienanfänger
mehr als vervierfacht. Da weder
Platz noch Personal ausreichen,
wird im ersten Studienjahr eine
Selektion getroffen. Wie jedes an-
dere Studium kann man auch dieses
mit Interesse, Ehrgeiz und Fleiß
schaffen. Eine gewisse Vorliebe
für Mathematik, Physik, Biologie
und Chemie kann nicht schaden.
In Ihrem Fach gibt es zwischen
Pharmakologie und Pharma-
ziegeschichte sehr viele Teilbe-
reiche. Worauf haben Sie sich
spezialisiert?
Mein Interesse gilt der Pharmako-
gnosie, der Lehre von den pflanz-
lichen oder tierischen Drogen,
Arzneimitteln oder Giftstoffen.
Aber es ist nicht so schlimm, wie
es sich anhört. Bereits Paracelsus
wusste, dass die Menge das Gift
macht. Mein Lieblingsbeispiel ist
jenes der Tollkirsche: in größeren
Mengen ist sie tödlich, in kleineren
Mengen findet man sie als Medizin
Ein Arbeitspensum von 60 bis 80
Wochenstunden ist keine Ausnah-
me. Doch wenn es mir zu viel wird,
schalte ich selbstverständlich ab,
wie etwa beim Bergsteigen in der
warmen Jahreszeit oder dem Ski-
tourengehen im Winter. Aber auch
meine Familie stellt einen Ruhepol
dar, um mich dann wieder mit Ein-
satz und Ausdauer neuen Projekte
widmen zu können.
Warum sind die Herstellung
und die Entwicklung einzelner
Arzneistoffe so kostenintensiv?
Die Entwicklung eines innovati-
ven Arzneimittels dauert etwa bis
zwölf Jahre. Demzufolge muss das
Arzneimittel in präklinischen und
klinischen Studien auf Qualität,
Unbedenklichkeit und Wirksamkeit
getestet werden. Erst dann werden
sie von den Behörden für die Ver-
marktung zugelassen. Die Kosten
belaufen sich hierbei auf rund 800
Millionen US-Dollar.
Hätten Sie sich auch eine For-
schungstätigkeit in der Industrie
vorstellen können?
Ja. Ich hatte nach meinem Auf-
enthalt in den USA 1986 und 1987
einige gute Angebote aus der In-
dustrie. Weshalb ich mich trotz
lukrativer Offerte dennoch für die
Universität entschieden habe, weiß
ich bis heute nicht. Scheinbar war
es die Aussicht auf mehr Freiheit
in der Forschung, ohne Rücksicht
auf politische, ideologische oder
ökonomische Verwertungsinteres-
sen zu nehmen. Leider trifft dies
für Unis nur noch teils oder gar
nicht mehr zu.
„Allein die
Menge macht das Gift“
Stuppner mit einigen Mitarbeitern bei der Exkursion 2012
für die Beseitigung bestimmter
Kreislauf- und Herzprobleme.
Was ist das Schöne, das Fesseln-
de an Ihrem Beruf, und worauf
möchten Sie gerne verzichten?
Negativ ist die immer größer wer-
dende Verwaltungsarbeit, aber auch
der ständige Druck, Drittmittel
für neue Projekte zu erwerben.
Zum einen werden die Ressourcen
knapper, und zum anderen soll die
Forschungsleistung ständig steigen.
Positiv hingegen sind die Planung
und Realisierung neuer Projekte,
die Kooperation mit engagierten
Kolleginnen und Kollegen im In-
und Ausland, die Möglichkeit des
Publizierens und des Vortragens
bei Kongressen.
Das klingt nach viel Arbeit. Kön-
nen Sie auch einmal abschalten?
Stuppner im Labor am GC MS-Instrument
Foto: Sigrid Haller