Seite 44 - PLUS_19_2013

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Portrait
Wann und wie kamen Sie zum
Eishockey?
Mein Vater brachte mich zum Eis-
hockey. Er war und ist Fan des
HC Bozen. Für mich gab es als
kleiner Junge nichts Schöneres,
als ein oder zwei Mal im Jahr mit
ihm in die altehrwürdige Bozner
Messehalle zu gehen, um Spiele
der Weiß-Roten zu sehen.
Waren Sie als Jugendlicher auch
als Eishockeyspieler aktiv?
Meine „Karriere“, wenn man sie als
solche bezeichnen kann, war nur
kurz. Als ich 14 Jahre alt war, spiel-
te ich auf dem Eislaufplatz oberhalb
meines Heimatortes Steinegg mit
Freunden immer sonntags Eishockey.
1986 planten wir unser erstes Spiel.
Beim Aufwärmen passierte es: Ich
fuhr um das Tor herum, schaute
kurz auf, ehe ich einen schwarzen
Fleck auf mich zukommen sah. Just
wurde ich vom Puck, den einer mei-
ner Mitspieler abgefeuert wurde, im
Gesicht getroffen. Ich verlor einen
Zahn und hängte die Schlittschuhe
wieder an den Nagel.
Was macht aus Ihrer Sicht einen
guten Eishockeyberichterstatter
aus?
Die Objektivität ist das Wichtigste.
Zudem sollte man mit Stresssi-
tuationen gut umgehen können.
Eishockey wird abends gespielt,
die Zeit bis zum Redaktionsschluss
ist eher knapp. Bedeutend ist es
auch, ein Spiel lesen zu können,
um den Lesern in einfachen Wor-
ten zu erklären, warum ein Team
gewonnen oder verloren hat.
Der HCB Südtirol ist sehr gut in
Kurt Platter
STEINEGG/BRIXEN
- (ar) Seit Juli 2000 verfolgt Kurt
Platter (41) die Eishockeywelt. Nach dem Besuch
des Franziskanergymnasiums in Bozen studierte der
Steinegger und nun in Brixen wohnende Journalist
in Innsbruck Politikwissenschaften. Im Gespräch mit
der PLUS spricht Platter über seine Arbeit und die
Südtiroler Puckszene.
das Abenteuer EBEL gestartet.
Überrascht Sie das?
Ehrlich gesagt, hätte ich mir das
vor der Saison nicht erwartet. Man
darf aber eines nicht vergessen. Im
Team von Trainer Tom Pokel stehen
14 Transferkarten- und vier aktuel-
le italienische Nationalspieler. Die
ersten Spiele haben gezeigt, dass
die österreichischen Teams auch
nur mit Wasser kochen und das
hiesige Eishockey besser ist, als es
oft dargestellt wird.
Gibt es für Sie so etwas wie einen
Lieblingsspieler?
Ich habe in den letzten 13 Jahren
viele Akteure kommen und gehen
sehen. Gewiss waren einige Spieler
dabei, die ich besonders bewundert
habe. Besonders sind es aber solche
Spieler, die hart arbeiten, sich voll in
den Dienst ihrer Mannschaft stellen
und auch außerhalb der Eisfläche
Vorbilder sind.
Wie ist es um die heimische
Puckszene bestellt?
Ich habe es schon gesagt: Das ita-
lienische Eishockey ist viel besser
als sein Ruf. Bei der WM werden
wir oft belächelt, haben aber längst
bewiesen, dass wir nicht weit von
anderen Nationen entfernt sind.
Gerade in den letzten Jahren haben
viele Südtiroler Spieler den Sprung
ins Ausland geschafft. Das ist kein
Zufall; das Problem hierzulande ist
die Struktur und Organisation des
Verbandes und teils der Vereine.
Das mediale Interesse lässt auch
leider zu wünschen übrig.
Welches Potential steckt Ihrer
Meinung nach im Jugendsektor?
Unsere Klubs arbeiten sehr gut im
Nachwuchsbereich. Bis zur Mittel-
schule können die Jugendlichen
europaweit mithalten. Danach gibt
es meist eine Kluft. Das hängt da-
mit zusammen, dass andernorts viel
professioneller gearbeitet wird und
Talente besser gefördert werden.
Zudem gibt es kaum Perspektiven.
Während man in der Schweiz als
Eishockeyspieler reich werden kann,
kann man bei uns kaum davon leben.
An welche Spiele erinnern Sie
am liebsten?
Es gibt viele Spiele, die ich in bester
Erinnerung habe. Unvergessen für
mich sind der Auftritt von Jaromir
Jagr im Jahr 1994 beim Sechs-Na-
tionen-Turnier in Bozen, oder das
entscheidende Relegationsspiel der
„Azzurri“ 2006 bei der WM in Riga.
Italien benötigte gegen Slowenien
einen Punkt zum Klassenerhalt. Im
Spiel lag das Team nach 25 Minuten
schon 0:3 zurück. 99 Sekunden
vor Ende fasste sich Luca Ansoldi
ein Herz, traf zum Ausgleich und
verhinderte den Abstieg.
„Eishockey ist die schönste
Nebensache der Welt“
Foto: D/Life
Max Pattis
„Dolomiten“ Sportredaktion Sieglinde Höller
... mit Sean Blanchard
(v.l.) Kurt Platter mit Andreas Vieider, Alex Raffeiner, Otto Schöpf und Stefan Peer