Seite 16 - WIR_03_2014

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Lokales
Anfangs geringe
Bedeutung
Der Anbau in Altrei ist schon mehr
als 100 Jahre alt und wurde bereits
1887 schriftlich erwähnt. Selbst wenn
dem Altreier Kaffee zu Beginn keine
sehr große Bedeutung beigemessen
wurde, ist es vielen in Altrei bewusst,
dass „ihr“ Kaffee eng mit der Histo-
rie des Bergdorfes an der deutsch-
italienischen Sprachgrenze verknüpft
ist. Der Kaffee ist ein wesentlicher
Teil des kollektiven Gedächtnisses
der Bevölkerung, und viele Menschen
haben ihn selbst angebaut und ge-
trunken oder erinnern sich, wie ihre
Ahnen davon erzählt haben. Durch
ein Projekt wurde diese einheimische
Besonderheit wiederbelebt.
Nicht nur für Genießer: Der Altreier Kaffee
ALTREI - (
ar) Das rund 400 Einwohner zählende Bergdorf liegt auf 1200 Meter Seehöhe an den Grenzen
der Provinzen Bozen und Trient. Trotz seiner Höhe ist Altrei klimatisch begünstigt. Es ist vom Naturpark Trud-
ner Horn umgeben. Da die Böden vor Ort schwach sauer sind und das Verwitterungsgestein zum größten
Teil Porphyr ist, sind für die Lupine „Altreier Kaffee“ optimale Anbauvoraussetzungen gegeben.
Die Pflanze
Normalerweise hat die Lupine ihre
Heimat im östlichen Raum des
Mittelmeers. Das günstige Klima
macht aber eine Kultivierung in
Altrei möglich. Es handelt sich
um ein einjähriges Gewächs, das
maximal 120 cm hoch wird. Die
Pflanze wächst senkrecht und weist
eine seitliche, üppige Verzweigung
auf. Die leuchtend blauen Blüten
mit gelblich-weißen und rosaroten
Punkten befinden sich in Blüten-
trauben auf 5 bis 15 cm langen
Stielen. Die braunen, flachen Pflan-
zensamen liegen in weich behaar-
ten Hülsen, sind relativ groß und
weisen eine raue Schale auf. Man
kann auch sagen, dass die Altreier
„Kaffeebohne“ von einer Pflanze
stammt, die genau genommen weder
Kaffee noch Bohne ist.
Ein Stück
Kulturgeschichte
Heute bauen einige Bauern in Altrei
den Kaffee wieder an und führen da-
mit die lange Tradition ihrer Vorfah-
ren fort. Meist werden die Lupinen
in zwei bis drei Zeilen unterhalb der
Getreideäcker angebaut. Aber auch
der Anbau rund um einen Acker,
meist den Kartoffelacker, ist ver-
breitet. Einige Familien legen einen
eigenen Kaffeeacker an. Die Kultur
des Altreier Kaffees ist, abgesehen
von der Ernte, die mehrere Male
erfolgt, keineswegs pflegeintensiv.
Ernte und Nachreife
Der Altreier Kaffee ist eine recht
ursprüngliche Kulturpflanze, die
noch viele Eigenschaften einer wil-
den Pflanze aufweist. Dazu zählt
beispielsweise, dass die Samen
nicht gleichzeitig, sondern nach
und nach reifen. Darüber hinaus
sind die Hülsen nicht platzfest.
Sobald sie reif sind, springen sie
auf und verstreuen den Samen. Der
Altreier Kaffee muss auf diese Art
zwei bis vier Mal geerntet werden.
Dabei benötigt man einen Korb. In
beim Rösten
Kaffeeprodukte
Süßes vom Altreier Kaffee
Kaffeeblüte
ihm wird der Kaffee gesammelt und
in die Sonne zum Trocknen gestellt.
Die erste Ernte erfolgt Mitte August.
Je nach Witterung zieht sich die
Ernte bis Ende Oktober hinein. Die
reifen Schoten werden in Gitterkis-
ten in der Sonne nachgetrocknet.
Unvergleichlicher Duft
und Geschmack
Der Altreier Kaffee, auch als Blüm-
chenkaffee bekannt, wird im Regel-
fall mit Gerste und Weizen gemischt
genossen. Frisch geröstet duftet
er nach Haselnuss und Schokola-
de. Aufgebrüht hingegen hat er
einen leicht bitteren Geschmack.
Die Kaffeeanbauer in Altrei sind
sich einig, dass ihr Produkt mit
Kaffeefirmen, die Standardaromen
anbieten, nicht mithalten kann. Das
brauchen sie aber auch nicht, denn
viel wichtiger ist das Festhalten
an einem kulturgeschichtlichen
Wert, den die Alten bereits erkannt
haben und den es zu bewahren
und zu fördern gilt. Inzwischen
gibt es einige Produkte, die aus
gerösteten Altreier Lupinenkaffee
hergestellt werden. Dazu zählen die
Kaffeeschokolade, das Kaffeebier
und fein gemahlenes Kaffeeglück
als Gewürz für verschiedene Speisen.
Abgerundet wird die Palette vom
Kaffeelikör, welcher optimal die
Verdauung anregt.
Kaffeebohnen