Seite 5 - WIR_04_2013

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Titel
ter. Natürlich müssen Eltern auch
Eigenverantwortung übernehmen
und den Familienalltag so gestalten,
dass sich Belastung und Entlastung
die Waage halten. Es braucht aber ei-
nen ganz starken politischen Willen,
die Familien hier zu unterstützen
und den sieht Fiung in dem neuen
Rahmengesetz nicht, er bezeichnet
es als leere Hülle, weil es kein Geld
für konkrete Maßnahmen gibt.
NICHT BEITRÄGE
SIND DIE LÖSUNG
Toni Fiung sieht nicht in der Bei-
tragsvergabe die Lösung, sondern
vor allem in der Steuerentlastung. Er
sagt: „Es ist nicht notwendig, Famili-
en Geld zu geben, es wäre schon gut,
das Geld den Familien zu lassen.“
Hier sieht er auch Handlungsmög-
lichkeiten bei Land und Gemeinden.
Gebühren, Steuern und hohe Kos-
ten beim Lebensunterhalt machen
vielen Familien das Auskommen
zu einem Ding der Unmöglichkeit.
„Nur durch die Vergabe all dieser
Beiträge und Subventionen wer-
den die Menschen dazu gedrängt,
Falschangaben zu machen, um in
den Genuss derselben zu kommen.“
Alleinerziehende Mütter, die gar
keine sind, Ehepaare, welche sich
scheiden lassen, um einen Beitrag
für das Eigenheim zu bekommen,
Mieten die schwarz kassiert werden;
alles eine Kultur, die im Südtirol der
Beiträge Hochkonjunktur erlebt.
GESUNDE FAMILIE STÄRKEN
Eine gesunde Familie soll gestärkt
werden: der Familienseelsorger sieht
dies auch als eine Art Prävention an.
Eltern sollen in ihrer Rolle gestärkt
werden, das Umfeld familienfreund-
lich gestaltet und dann erst eine
Fremdbetreuung in Betracht gezo-
gen werden. „Im Moment haben die
Eltern nicht die Wahlfreiheit. Noch
immer wird die Fremdbetreuung
finanziell mehr unterstützt als die
Betreuung zuhause.“ Toni Fiung
findet, die erste Frage, die es zu
beantworten gilt, müsste sein: was
braucht das Kind?
RENTENABSICHERUNG FÜR
MÜTTER UND PFLEGENDE
Von allen Seiten wird eine An-
erkennung der Erziehungs- und
Pflegezeiten gefordert. Nun fördert
das Land schon die freiwilligen Wei-
terzahlungen, allerdings wird diese
Möglichkeit wenig genutzt. Toni
Fiung erklärt: „In dem Moment, wo
so eine freiwillige Weiterzahlung
notwendig wäre, fehlt den Familien
meist das Geld. Sie haben nicht
die Möglichkeit, solche Beträge
vorzustrecken. Hier hat sich auch
gezeigt, dass diese Möglichkeit
gerne von einer finanziell besser
dastehenden Gesellschaftsschicht
genutzt wird, sozusagen als Kapi-
talinvestition.“
GLEICHES RECHT FÜR ALLE
Die Mütter fordern vor allem ei-
nes: eine Anerkennung der Er-
ziehungszeiten für die Rente und
die Erhaltung des Arbeitsplatzes.
Während Angestellte der öffentli-
chen Hand bis zu drei Jahre für die
Kindererziehung zuhause bleiben
können, müssen sich Mütter, die
in der Privatwirtschaft tätig sind,
bereits neun Monate nach der Ge-
burt entscheiden. Kehren sie nicht
an ihren Arbeitsplatz zurück, ist er
verloren. In Zeiten der wirtschaft-
lichen Instabilität ist dies für viele
Familien ein sehr hohes Risiko.
Auch die Möglichkeit, in Teilzeit zu
arbeiten ist in der Privatwirtschaft
keine Selbstverständlichkeit. Eine
Mutter, deren Sohn 10 Monate alt
ist, aus dem Überetsch, erzählt:
„Ich muss jetzt wieder zu meiner
Arbeit zurückkehren, ansonsten
ist mein Arbeitsplatz weg. Ich be-
komme auch nicht die Möglichkeit,
Teilzeit zu arbeiten und es fällt
mir wirklich schwer, mich bereits
jetzt von meinem Kind zu trennen.
Ich würde es begrüßen, wenn ich
die Möglichkeit hätte, noch etwas
zuhause zu bleiben; es müssen ja
nicht drei Jahre sein wie für die
Landesangestellten, aber auch nicht
nur neun Monate.“
MIT INHALTEN FÜLLEN
Die Verantwortlichen sind über-
zeugt, dass man dieses Rahmenge-
setz nun mit Inhalten füllen kann.
Toni Fiung ist da anderer Meinung,
er sagt: „Solange ich nicht einen
klaren politischen Willen sehe, die
Familien tatsächlich tatkräftig zu
unterstützen, glaube ich nicht an
das Gesetz. Es sind keine Gelder
da und bisher ist man auch nicht
bereit, Gelder umzuschichten, um
hier Spielraum zu schaffen.“
Lesen Sie bitte die WIR-Umfrage
zum Thema Familiengesetz auf
Seite 16.