Seite 19 - WIR_10_2013

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Kunst & Kultur
Beispiele dafür sind im Bozner
Raum die Haselburg und natürlich
die von den Herren von Wangen
errichtete Burg Runkelstein am
Eingang des Sarntals.
Boymont fällt durch seinen Bau-
bestand aber aus dem Rahmen.
Die Burg erinnert weniger an eine
trutzige Ritterburg als an eine ro-
manische Pfalzanlage, die für den
Aufenthalt einer hochadeligen Fa-
milie mit ihrem Gefolge bestimmt
war. Diese Familie war wahrschein-
lich jene des Grafen Ulrich III. von
Eppan und seiner zweiten Frau
Adelheit von Flavon, aus deren Ehe
die zwei Söhne Georg und Friedrich
IV. entstammten. Boymont bot im
Vergleich zu dem bescheidenen
Palas auf Hocheppan reichlich Platz
und war ein der Bedeutung der
Familie angemessener Sitz.
Der größte Teil der Burganlage ent-
stand wahrscheinlich in einem Zuge
und dürfte spätestens um 1235
fertig gestellt gewesen sein. 1236
wird die Burg erstmals urkundlich
genannt und kurze Zeit später er-
scheint ein Heinrich von Boymont
mehrfach in den Urkunden. Es dürf-
te sich um dieselbe Person des
Heinrich von Lagustel handeln, der
zuvor als Burggraf auf Hocheppan
belegt ist und wahrscheinlich auf
dem nahe gelegenen Kreideturm
seinen bescheidenen Sitz hatte.
Die jungen Eppaner Grafen Georg
und Friedrich starben kinderlos
Diesen Beitrag hat Univ.-H.Prof. Doz.
DDr. Helmut Rizzolli für Sie verfasst.
um 1250 und die Burg kam an die
Erben der Eppaner Grafen. Allein
die Herren von Boymont hatten
inzwischen ihren Besitz bedeutend
vermehrt und waren durch die Ehen
mit der Erbtochter des Otto Payr zu
bedeutenden Herren aufgestiegen,
so dass sie die Rechte an der Burg
erwerben konnten.
Die Herren von Boymont
und ein betrügerischer
Kanzleischreiber
Die Herren von Boymont spielten
im Verlauf des 14. Jahrhunderts
eine bedeutende Rolle. Der letzte
des Boymonter Zweiges dieser Fa-
milie war Christian von Boymont,
dessen Tochter Barbara die Burg
erbte und 1413 den Ulrich Kessler
heiratete. Dieser bürgerliche Auf-
steiger war ein enger Vertrauter
des Tiroler Landesfürsten Herzog
Friedrichs IV. „mit der leeren Ta-
sche“ (1406-1439). Kessler war
in der Tiroler Kanzlei beschäftigt
und fertigte für den Landesfürsten
Urkunden aus. Daneben ging er als
dreister Fälscher in die Geschichte
ein, denn der Bischof von Trient
beschwerte sich mehrfach, dass der
Kessler durch falsche und verfälsch-
te Urkunden Höfe und Güter der
bischöflichen Untertanen im Raum
Eppan unrechtmäßig in seinen Be-
sitz gebracht hätte.
Herzog Friedrich, der mit dem
Bischof Georg von Liechtenstein
ohnehin in keinem guten Einver-
nehmen stand, schritt nicht gegen
den Fälscher ein. So erscheint es
als ein Akt von Selbstjustiz, als
im Jahre 1425 die Burg Boymont,
wahrscheinlich aufgrund von
Brandstiftung, abbrannte.
Was von ihr zurückblieb ist ein
eindrucksvolles Zeugnis romani-
schen Burgenbaus. Noch heute
beeindruckt der imposante, in der
Südostecke der Ruine gelegene
dreigeschossige Palas mit seinen
Triforen und die über dem Eingang
im ersten Stock befindliche Burg-
kapelle. Der romanische Hauptturm
hatte mindestens ein zu Wohn-
zwecken geeignetes Stockwerk
und auch der kleinere Turm in
der Nordwestecke dürfte Wohn-
zwecken gedient haben.
Die Burgkapelle lag ehemals über dem Hauptportal der Burg. Diese Position
findet sich auch bei anderen Adels-Residenzen, etwa in Schloss Bruck bei Lienz,
Residenz der Grafen von Görz. Foto: Armin Torggler.
Palas und Kapelle waren durch eine ro-
manische Rundbogentür verbunden, die
vom dritten Geschoss des Palas auf die
ehemalige Empore der doppelstöckigen
Kapelle führte, ähnlich wie dies auch in
Schloss Tirol der Fall ist. Foto: Armin
Torggler.
Mindestens ein Stockwerk des Hauptturmes war zu Wohnzwecken eingerichtet
und zeigt nach dem Hof hin ein schönes dreifaches Bogenfenster, durch das man
den Stumpf des kleineren Turmes erkennen kann. Foto: Armin Torggler.