Seite 15 - WIR_11_2013

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Lokales
FRANGART
- (ar) Auch in der De-
zemberausgabe der „WIR“ wollen wir
uns an eine große Tiroler Persönlich-
keit erinnern. Sepp Kerschbaumer
wäre heuer 100 Jahre alt geworden.
Als Leiter des „Befreiungsausschuss
Südtirol“ (BAS) gilt er in der lokalen
Zeitgeschichte als geistiger Vater der
Südtiroler „Feuernacht“. Doch wer
war Sepp Kerschbaumer? Er wurde am
9. November 1913 als Sohn des Josef
Kerschbaumer und seiner Frau Luise
geboren. Mit neun Jahren wurde
Sepp Kerschbaumer Vollwaise. Schon
in seinen Jugendjahren keimten
während des Faschismus bei ihm
die politische Gesinnung und seine
Heimatliebe auf. So war es mehr als
eine Selbstverständlichkeit, dass
der Frangarter Kaufmann nach der
Nichteinhaltung des 1946 geschlos-
senen Pariser Vertrages gemeinsam
mit anderen aufrechten Landsleuten
den Befreiungsausschuss Südtirol
gründete.
Gegen Ende der 1950er- und zu
Beginn der 1960er-Jahre traten
Kerschbaumer und seine Mitstreiter
zuerst mit symbolischen Aktionen
und dann mit Attentaten gegen den
italienischen Zentralstaat auf, um
auf die Südtirol-Frage aufmerksam
zu machen. Rom sollte durch die
Sepp Kerschbaumer wäre 100 Jahre alt
Weltöffentlichkeit dazu gezwungen
werden, in Südtirol eine Volksab-
stimmung abzuhalten.
Schon bald wurde Kerschbaumer in-
nerhalb des BAS die herausragende
Führungsgestalt. Sein Credo, bei
den Attentaten Menschenleben um
jeden Preis zu schonen, zeugt von
seiner Menschlichkeit und seiner
christlichen Haltung. Überdies gab
er die großen Linien vor. Ohne ihn
wäre der Kampf um Südtirol viel ra-
dikaler geführt worden. Nach seiner
Verhaftung wurde der Frangarter
schwer misshandelt. Im Mailänder
Die Freiheitskämpfer Sepp Mitterhofer und Hans Stampfl sowie SHB-Obmann Roland
Lang vor dem Gedenkstein für Sepp Kerschbaumer in Frangart.
Sprengstoffprozess im Juli 1964
wurde er zu knapp 16 Jahren Haft
verurteilt. Er nahm das Urteil mit
Würde zur Kenntnis. Im Dezember
des gleichen Jahres erlitt er im Ge-
fängnis von Verona wenige Wochen
nach seinem 51. Geburtstag einen
Herzinfarkt und starb.
Kerschbaumer unterschied immer
zwischen Italien und den Italie-
nern. Er verurteilte die Minder-
heitenpolitik Italiens, achtete aber
mittellose, zugewanderte Italiener
und gewährte ihnen beispielsweise
ein Darlehen oder schenkte ihnen
ein Fahrrad. Er war ein Mensch von
einem ganz besonderen Schlag. Er
liebte seine Heimat, und setzte
dafür alles aufs Spiel. Durch sei-
nen Tod im Gefängnis wurde er
zum Märtyrer, obwohl er dies nie
sein wollte.
Seine Beerdigung wurde zur De-
monstration. Mehr als 15.000 Men-
schen kamen. Trotz der Spannun-
gen, die bis zum Paketabschluss
1969 in Südtirol herrschten, gelang
es den führenden Köpfen der da-
maligen Südtirol-Politik eine mehr
oder weniger befriedete Situation
im Lande zu schaffen. Für Kersch-
baumer kam diese Entwicklung zu
spät, doch sein Einsatz hat sicher
zum Einlenken der italienischen
Regierung beigetragen.
Foto © Südtiroler Schützenbund
Portrait-Gemälde
Foto © Südtiroler Schützenbund
Ach wie schnell
vergeht die Zeit,
das neue Jahr ist
nicht mehr weit.
Was hält es wohl
für uns bereit?
Lasst uns mit Mut und
Selbstvertrauen
entschlossen in die
Zukunft schauen.
Wir dürfen ja
auf Gott vertrauen!
G.Andergassen
©