12
lokales
W
as ist Poetry Slam? Be-
reits seit Jahren wird die-
se Form des literarischen
Vortrags auch in Südtirol
gepflegt und eine Schule
ist seit den Anfängen mit dabei:
das Gymnasium „Walther von der
Vogelweide“.
Alljährlich findet in der dortigen
Aula Magna der schulinterne Poetry
Slam statt.
Das Licht im Saal ist angenehm ge-
dimmt, nur die Bühne strahlt hell,
auf der bald die mutigen jungen
Dichter auftreten werden. Drei
Minuten haben sie Zeit ihren Text
vorzutragen, er muss die Publikums-
jury erreichen, betroffen machen,
erheitern, er muss gefallen und über-
zeugen. Daher auch der Name „Poe-
try Slam“, „Dichterwettstreit“. Der
Moderator ist verantwortlich dafür,
dass das Publikum mitgerissen wird,
dass die Dichter sich wohl fühlen,
dass die Atmosphäre stimmt. Und
Haris Kovacevic macht seine Sache
gut. Er ist ehemaliger Schüler des
Gymnasiums „Walther von der Vo-
gelweide“ und tritt in seiner Freizeit
immer wieder als Slammer erfolgreich
auf. Er schafft es durch witzige,
ironische Anspielungen und ganz
viel Wortengagement das Publikum
mitzureißen.
Jahr für Jahr sind genügend Schüler-
innen des Gymnasiums bereit, ihre
selbst geschriebenen Texte auf der
Bühne zu präsentieren und sich von
PoPoPoPoetrySlam
am Gymnasium „Walther von der Vogelweide“
einer Jury, die direkt unter den Zu-
schauern und Zuhörern ausgelost
wird, eine Wertung zu holen. Die
besten Fünf kommen in die zweite
Runde, tragen einen zweiten selbst
geschriebenen Text vor und stellen
sich noch einmal der Jury. Sieger
wird, wer in beiden Runden die meis-
ten Punkte gesammelt hat.
Haris muss kurzfristig auch eine
Doppelrolle übernehmen. Da die Jury
ja zusammengewürfelt ist und sich
erst ein bisschen auf den Dichter-
streit einstellen muss, genauso wie
das Publikum selbst, spielt er das
„Opferlamm“, will heißen, er trägt
einen eigenen Text vor, an dem sich
die Juroren versuchen und das Pu-
blikum sich einstimmen kann. „Die
Kleinen“ heißt sein selbstironisch-
sozialkritischer Text. Und er gefällt.
Es ist spannend, sehr spannend:
Christoph Waldboth beginnt mit
einem großartig lebendig vorgetra-
genen Dialog, es folgt dann eine sehr
persönliche Betrachtung von Franzis-
ka Telser, weitere Texte drehen sich
um die nervigen Anruftanten von
Vodafone, von einem Schülerteam in
beeindruckender Bühnenpräsenz vor-
getragen. Es geht um eine witzige Pa-
rodie auf Mann-und-Frau-Klischees,
um das persönliche anaphernreich
präsentierte Genervtsein in einer
Welt, in der nichts so ist, wie es sein
soll. Eine Schülerin denkt bildstark
darüber nach, warum Frauen, an
einer Hand das Handy, in der ande-
ren den dreijährigen Sohn über die
Straße hasten, als sei der Leibhaftige
hinter ihnen her. Warum lassen wir
uns nicht endlich ein bisschen mehr
Zeit für alles? Es gibt einzelne sehr
persönliche Stellungnahmen zur
eigenen Befindlichkeit, zarte Liebes-
gedichte, ein ironisches Feuerwerk
auf den Slam in Barocksprache.
Im Finale haben dann Theo Gatterer
und Lukas Walch die Nase vorn mit
ihrem Text über einen Eigenversuch
als Edelpenner, beeindruckend durch
das Sprachgeschick, noch mehr aber
durch die Art des Vortrags selbst.
Zweiter wird Maximilian Oberrauch
mit einem Antikriegspoem, im Aus-
druck schon sehr, sehr sicher. Man
merkt, Maximilian steht nicht zum
ersten Mal auf einer Slambühne.
Dritte werden ex aequo Amy Parte-
ly, lebendig und schwungvoll, und
Christoph Waldboth, der noch einmal
durch sein schauspielerisches Kön-
nen, aber auch durch seine Themen-
wahl glänzt: Ich wollte ein Held sein.
Die Anwesenden sind begeistert von
den Wortspielen, den Wortverdre-
hungen, den Wortklängen, mit dem,
was man alles mit einem Mikrophon
machen kann, vom bühnensicheren
Auftreten der jungen Dichter. Und in
der Aula wird noch eine ganze Weile
diskutiert. Was und wer haben am
besten gefallen? Hat die Jury eine
gute Entscheidung getroffen? Hätte
ich andere Sieger gekürt? Darin sind
sich aber alle einig: Es war toll!
Alle Fotos: © Hannes Petermair
Haris Kovacevic, der Moderator, beim
Vortragen seines Textes
Amy Parteli, die Slam-Dritte
Christoph Waldboth, ebenfalls Slam-
Dritter
Theo Gatterer und Lukas Walch, die
Slamsieger
Die Slam-Jury