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Traditionelle Behandlungsverfahren neu entdecken
SÜDTIROL
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(swa) Bei dem Begriff „Kneippen“ denkt man automatisch an Wassertreten im eiskalten
Wasser. Tatsächlich ist dies der Klassiker und die Wasserbehandlungen stellen einen Großteil der von
Sebastian Kneipp entwickelten Therapien. Doch Kneippen ist weitaus mehr. Es ist ein gesamtheitliches
Behandlungsverfahren, bei dem das allgemeine Wohlbefinden des Menschen im Mittelpunkt steht.
Ulrich Seitz, Direktor vom Landesverband für Krankenhäuser, Kneipp-Gesundheits-
trainerin Monika Engl, Matteo Bonvicini, Anna Lechner, Angelika Thaler, Präsidentin
Helene Roschatt, Laurenz von Guggenberg, Anni Gruber und Dr. Antonio Petinato
von der Guggenberg-Kurklinik Brixen (v.l.)
Die Kneipp-Medizin ist altbewährt
und lange erprobt. Der bayrische
Pfarrer Sebastian Kneipp (1821-
1897) entwickelte das Behand-
lungsverfahren nach einem Selbst-
versuch. Schwer an Tuberkulose
erkrankt, erkannte er die positi-
ve Wirkung des Wassers auf den
menschlichen Organismus. Der Kör-
per reagiert positiv auf die durch
die Güsse und Bäder hervorgeru-
fenen Reize und stimuliert und
aktiviert dabei seine Abwehr- und
Selbstheilungskräfte.
Inzwischen sind die Kneippchen
Behandlungsmethoden wesentlich
umfangreicher. Neben den Was-
seranwendungen beinhalten sie
Pflanzenwirkstoffe sowie Bewe-
gungs- und Ernährungsempfeh-
lungen, die präventiv wie auch zur
Behandlung bestehender Leiden
eingesetzt werden. Dabei stehen die
Verfahren nicht in Konkurrenz zur
Schulmedizin, sondern werden als
Komplementärmedizin ergänzend
oder vorbeugend eingesetzt.
Der Südtiroler Kneipp-
verband
Mit einem „Tag der offenen Tür“
stellte sich der Verband vor kur-
zem in der Bozner Bonvicini-
Klinik der Öffentlichkeit vor. Die
ehrenamtliche Vereinigung wurde
1996 gegründet. Ihr Ziel ist es,
den Südtirolern und ihren Gästen
die Ideen Kneipps vom gesunden
und natürlichen Leben näher zu
bringen. Das Kneippen selbst hat
im Land eine lange Tradition. Auch
Sebastian Kneipp hielt sich mehr-
fach zu Vorträgen in Brixen, Bozen
und Meran auf.
Inzwischen haben die Bemühun-
gen Früchte getragen. Vorträge,
Seminare zur alltäglichen Gesund-
heitserhaltung oder Projekte in
Kindergärten, Schulen und Seni-
oreneinrichtungen haben dazu
geführt, dass das Gesundheits-
bewusstsein in der Bevölkerung
wächst. Einige öffentliche und
private Einrichtung praktizieren
jetzt die Kneippchen Verfahren
im Alltag. Dazu zählen die Grund-
schulen Milland und Niederdorf,
der Kindergarten Niederdorf, das
Pflegeheim Bruneck, der Touris-
musverband Niederdorf, die Kur-
klinik von Guggenberg in Brixen
sowie Hotels und Wellness-Einrich-
tungen. Ihre Vertreter berichte-
ten in der Bonvicini-Klinik über
ihre guten Erfahrungen. Zudem
hatten die Besucher die Möglich-
keit, einige Anwendungen selber
auszuprobieren.
Die Basis für eine erfolgreiche
Therapie ist eine gute Kenntnis
der Kneippchen Methoden. Allein
im Bereich Wasser existieren 120
verschiedene Anwendungen. In
Südtirol wurden in Zusammenar-
beit mit dem Bildungshaus Kloster
Neustift sechs Ausbildungskurse
angeboten. Die mittlerweile 60
ausgebildeten Kneipp-Trainer sind
im ganzen Land aktiv.
„ ...erst als ich
Ordnung in die Seele
meiner Patienten
brachte,
besserten sich auch
die körperlichen Ge-
brechen.“
(Sebastian Kneipp)
Die fünf Wirkprinzipien
der Kneipp’schen Lehre
Wasser, Heilkräuter, Ernährung,
Bewegung und Lebensordnung
sind die Säulen, auf denen die
Kneipp-Anwendungen basieren.
„Als wichtigstes Element gilt sicher
die Lebensordnung, denn sie gibt
dem Menschen die Basis für das Zu-
sammenspiel von Körper, Geist und
Seele. Aber auch ausreichend Be-
wegung, eine gesunde Ernährung,
viel frische Luft und ausreichend
Schlaf sind entscheidend, wie auch
eine positive Lebenshaltung und
soziale Netzwerke. Die Menschen
sollen ihre Gesundheit in die „ei-
genen Hände“ nehmen, der Arzt
ist Begleiter und Vermittler“, er-
klärt die Präsidentin des Südtiroler
Kneipp-Verbands, Helene Roschatt.
Einen Großteil der Therapien kann
jeder ohne großen, zusätzlichen
Aufwand allein durchführen.
Waschbecken, Dusche, Gießkan-
ne, Schlauch oder Schüssel rei-
chen als Ausrüstung fast für das
komplette Kneipp-Programm. Auch
der Zeitaufwand ist gering und
kann problemlos in den Tagesab-
lauf eingebaut werden. Drei- bis
viermal pro Woche sollten die An-
wendungen durchgeführt werden.
Nebenwirkungen gibt es so gut wie
keine. Bei ernsten Erkrankungen
sollte aber zuvor immer ein Arzt
konsultiert werden.
Genauere Informationen gibt auch
eine neue Kneipp-Broschüre, die
anlässlich des „Tages der offe-
nen Tür“ vorgestellt wurde. Im
kommenden Jahr wird Südtirol
erstmals Austragungsort der Welt-
Kneipptage für Experten aus ganz
Europa sein.
Weitere Infos unter:
www.kneipp.it
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