Seite 5 - PLUS_02_2014

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Titel
Wohle der Kinder ihre Trennung
ebenfalls gerichtlich laut Art. 317
des Zivilgesetzbuches regeln. 39
Paare wanden sich dafür ans Boz-
ner Gericht. Fast die Hälfe von
ihnen hat zuvor unser Zentrum
konsultiert“, berichtet Elio Cirim-
belli, Direktor der Beratungsstelle.
Gute Regelungen ver-
meiden später Streit
Einvernehmliche Trennungen und
Scheidungen sind das Ziel, das für
das Wohlergehen der Kinder immer
angestrebt werden sollte. Denn als
Paar werden Frau und Mann ge-
schieden, als Eltern werden sie dies
niemals sein können. Dabei kann
die Mediation eine entscheidende
Hilfe bieten.
In den vom Mediator begleiteten
Gesprächen sollen beide Partner
ihren Standpunkt und ihre Vor-
stellungen vorbringen und ihre
Wünsche und Forderungen auslo-
ten. Jeder sollte sich verstanden
fühlen, aber die Bedürfnisse des
anderen berücksichtigen, um eine
Einigung zu finden. Übertriebene
Forderung basieren nicht selten
auf der Angst vor dem sozialen
Abstieg oder Armut, die durch
hohe Kosten für zwei Haushalte
verursacht werden können. Alles
sollte gut durchdacht und geregelt
sein. Dabei kann der Mediator
als unparteiische Person beiden
Partnern helfen. Der Lebensmit-
telpunkt der Kinder, Besuchszeiten
beim zweiten Elternteil oder wei-
teren Verwandten, Ferienplanung,
Grundsätze in der Erziehung, Un-
terhalt und Teilung der Extrakos-
ten, alles sollte so detailliert wie
möglich ausgearbeitet werden.
Der Mediator hilft, beide Eltern-
teile gleichzeitig in die Pflicht
zu ziehen und Übervorteilungen
zu vermeiden. Mit einer guten,
beidseitigen Einigung kann ver-
mieden werden, dass der sonst vom
Richter gefasste Beschluss als für
die eigene Lebenssituation nicht
passend akzeptiert werden muss.
Familienmediation ASDI
Der Idealfall tritt selten auf, dass
sich Partner ohne Streitereien eini-
gen können. In die Beratungsstel-
le kommen Einzelpersonen oder
Paare, die alleine keinen Ausweg
mehr finden und oft in großer
Not sind. Psychologen, Sozialar-
beiter, Anwälte und Mediatoren
versuchen, die ehemaligen Partner
zu einer Einigung zu veranlas-
sen. Das wichtigste Ziel ist es,
die Schwächsten, die Kinder, zu
schützen, um zu vermeiden, dass
sie Schaden nehmen. Durch die Fa-
milienmediation werden die Paare
bei der Suche nach einem reali-
sierbaren Weg aus der Krise und
für beide Parteien akzeptierbaren
Lösungen unterstützt. Besonderer
Wert wird darauf gelegt, dass beide
Eltern auch nach der Trennung Ver-
antwortung für die gemeinsamen
Kinder übernehmen und sie damit
weiterhin ihre Elternrolle aktiv
einnehmen können, ihnen also
auch gleiche Rechte im Umgang
mit den Kindern gewährt werden.
Die Beratungsstelle für Getrennte
und Geschiedene und das Zent-
rum für Familienmediation ASDI
wurden im Jahr 1985 gegründet
und stand als italienischsprachige
Einrichtung zunächst nicht im
Interesse der deutschen Bevöl-
kerung. Dies hat sich inzwischen
entscheidend geändert. Vor fünf
Jahren wurde der Dienst auf
alle Sprachgruppen erweitert.
Der Dienst wird seitdem immer
häufiger von Personen und Paa-
ren aus allen Teilen des Landes
in Anspruch genommen. Er ist
kostenlos und die Privacy wird
garantiert. Ohne lange Wartezei-
ten kann schnell Hilfe angeboten
werden. Ziel ist es, bei Fragen und
Problemen in der Trennung- und
Scheidungsphase kompakt und
kompetent zu informieren und
die ehemaligen Partner während
der Trennung und auch später zu
begleiten. Psychotherapeutin Son-
ja Prinoth betreut die deutschen
und ladinischen Hilfesuchenden.
Deutschsprachige Paa-
re und Familien in der
Beratungsstelle
Anfangs wurde die Beratungsstel-
le nur sehr sporadisch von der
deutschen Bevölkerung genutzt,
inzwischen kommen rund die
Hälfte der Hilfesuchenden aus
dieser Sprachgruppe, denn Prob-
leme in der Partnerschaft machen
vor Sprache, Religion oder Alter
keinen Halt. Qualifizierte Interven-
tion wird gesucht, für die ein gut
ausgebildetes, muttersprachliches
Personal benötigt wird.
„PLUS “ sprach mit Psychothe-
rapeutin Sonja Prinoth über
ihre Arbeit:
Wer und warum kommen diese
Leute zu ihnen?
Zu mir kommen Menschen, die
eine Krise durchleben und sich mit
Gedanken über eine Trennung aus-
einander setzen. Manchmal sind
es Paare, aber oft auch einzelne
Personen, die Beratung suchen,
Frauen und Männer wenden sich
zu gleichem Anteil an uns. Alle
Altersgruppen sind betroffen, vor
allem Paare zwischen 35 und 50
Jahren kommen, aber es sind auch
Paare im Alter vom über 60 Jahren
dabei. Krisen treten gehäuft auf,
wenn die Kinder klein sind oder
aus dem Haus gehen, aber auch,
wenn einer der Partner auch im
hohen Alter nicht mehr bereit ist,
stillzuhalten. Die Haupteinnahme-
quellen dieser Bevölkerungsgrup-
pe sind meistens der Tourismus,
Gastgewerbe, Landwirtschaft und
Handwerk. Bei jüngeren Paaren im
Alter von rund 35 Jahren ist die
Tendenz zu verzeichnen, dass sie
oft nach nur zwei bis drei Jah-
ren Ehe die Trennung einreichen.
Meistens haben sie bereits ein oder
zwei gemeinsame Kinder.
Reicht der gebotene Dienst aus
oder sollten mehr Angebote be-
reitgestellt werden?
Ich bin in der Beratungsstelle für
die deutsche und ladinische Be-
völkerung allein verantwortlich.
Täglich rufen bis zu vier Personen
an, die auch aus den entlegens-
ten Orten Südtirols anreisen. In
geschützter Atmosphäre werden
schnell Hemmungen abgebaut. Oft
erzählen die Betroffenen erstmals
frei von ihren Sorgen und Ängsten.
Sie haben in den meisten Fällen
noch nie eine Therapie besucht.
Doch meine Erfahrungen haben
gezeigt, dass durch eine unpar-
teiische, neutrale Mediation un-
wahrscheinlich schnell Vertrauen
aufbaut werden kann. Der Bedarf
steigt, denn viele Menschen hat-
ten bisher für ihre Sorgen keinen
Anlaufpunkt. Es hat sich landes-
weit herumgesprochen, dass unser
Dienst existiert. Die Leute rufen an
Sozialarbeiterin Sonja Prinoth
Direktor der Beratungsstelle, Elio Cirimbelli sowie Sozialarbeiterin Sonja Prinoth