Seite 19 - PLUS_08_2013

Basic HTML-Version

19
Kunst & Kultur
Diesen Beitrag hat Univ.-H.Prof. Doz. DDr.
Helmut Rizzolli, Präsident der Stiftung
Bozner Schlösser und Ausstellungskura-
tor, für Sie verfasst.
mit hellgrauem Futter dargestellt
wurde. Auch die Reihe der Knöpfe
am Ärmel wurde übernommen,
obwohl dieses modische Detail
zu diesem Zeitpunkt schon „out“
gewesen ist. Abgesehen von einer
etwas vergrößerten Unterlippe ist
auch auf diesem Bild nichts von
einer Missbildung des Gesichts zu
erkennen.
Ein drittes Bildnis, das Margarete
zugeschrieben wird, stammt von
Quentin Massay und entstand um
1513. Der Künstler selbst brachte
seine „Alte Frau“ nicht mit der
Gräfin von Tirol in Verbindung.
Dies geschah erst später, als die
Hässlichkeit der Herzogin zur
„historischen Wahrheit“ erhoben
worden war. Von entscheidendem
Einfluss war dabei der historische
Roman von Lion Feuchtwanger „Die
hässliche Herzogin“, der 1922/23
entstanden ist. In lebhaften De-
tails beschrieb Feuchtwanger die
körperlichen Missbildungen Mar-
garetes, ohne sich dabei allerdings
auf historische Quellen zu berufen.
Trotzdem verschwammen histori-
sche Fakten und legendenhafte
Überlieferung und brachten dabei
immer wieder den Übernamen der
Gräfin ins Spiel: Maultasch.
Dabei hat dieser Name kaum etwas
mit dem Aussehen der Gräfin zu
tun, sondern wurde ihr wahrschein-
lich von der böhmischen Verwandt-
schaft ihres ersten Mannes Johann
Heinrich von Luxemburg verpasst.
Margarete hatte nämlich 1341 die
im Kindesalter geschlossene Ehe
mit Johann Heinrich beendet und
ihren Mann aus Schloss und Land
Tirol vertrieben. Ohne eine kirchli-
che Auflösung der Ehe abzuwarten
hatte sie daraufhin Ludwig von
Brandenburg, den Sohn Kaiser Lud-
wigs des Bayern geheiratet. Dies
war damals ein handfester Skandal,
der überall in Europa für Aufsehen
sorgte und von der Kirche mit dem
Kirchenbann und dem Interdikt
bestraft wurde. Der vertriebene
Ehemann und seine einflussreiche
Verwandtschaft rächten sich an der
Tiroler Gräfin, indem sie überall
verbreiten ließen, sie wäre eine
Maultasche, ein anderes Wort für
Dirne. Erst später war dieses Wort
mit Bezug auf eine körperliche
Missbildung umgedeutet worden.
In die Reihe der Margarete-Porträts
Großes Siegel der Margarete „Maultasch“
an einer Urkunde vom 29. September
1363. Foto: Haus-, Hof- und Staatsar-
chiv Wien.
Vor 150 Jahren wurde diese Medaille
anlässlich der 500-Jahr Feier der „Ver-
einigung Tirols mit Österreich“ geprägt.
Foto: Augustin Ochsenreiter
Margarete von Gottes Gnaden Herzogin
zu Bayern. Nach einem Ölgemälde in den
Sammlungen auf Schloss Amras.
Bildnis der „Alten Frau“ nach Quentin Massy, um 1513, das angeblich Margarete
darstellen soll. Foto: Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum.
könnte übrigens noch ein weiteres
Bild gereiht werden: Die „Dame mit
der Krone“ in der sogenannten
Badestube auf Schloss Runkelstein.
Das Bild entstand Ende des 15.
Jahrhunderts auf Anordnung von
Kaiser Maximilian I. und zeigt eine
vornehm gekleidete Dame mit ei-
nem schmucken Hut auf dem Kopf
und einer Krone in den ausgestreck-
ten Händen, als wolle sie die damit
verbundene Herrschaft abgeben. Es
ist möglicherweise eine Anspielung
auf die unmittelbar vorher durch
die Abdankung Erzherzog Sigmunds
des Münzreichen erfolgte Erwer-
bung Tirols. Ähnlich wie Rudolf
IV. hatte auch Maximilian durch
einen Herrschaftsverzicht das Land
erworben. Näheres zu Margarete
und die Übergabe Tirols an Rudolf
von Habsburg im Jahr 1363 wird
in der Ausstellung „1363 – Tatort
Tirol. Es geschah in Bozen“ gezeigt,
die am 3. Mai 2013 auf Schloss
Runkelstein eröffnet wird.