Seite 45 - PLUS_18_2013

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Sport
Supporter Michael Schneider immer
wieder in 30 Minuten bis über 500
Höhenmeter den Berg im Stile eines
Radfahrers „hinaufgezogen“ hat,
waren körperliche Höchstleistun-
gen. Aber es gab auch Momente,
an denen wir fast verzweifelten.
Stundenlanges Warten im Nebel,
an denen dich die weiter hinten
klassierten Piloten wieder einholen.
Oder am vorletzten Tag eine falsche
Entscheidung im Flug, wegen der ich
viel zu früh am Boden stand und den
anderen zuschauen musste, wie sie
Kilometer um Kilometer davonflo-
gen. Die Chance, das Ziel in Monaco
zu erreichen, war in diesem Jahr so
groß wie noch nie. Es ist schade, dass
ich es trotz 540 Kilometern zu Fuß,
30.000 aufgestiegenen Höhenmetern
und 1.360 Flugkilometern nicht bis
Monaco geschafft habe. Aber es ist
wie es ist.
Die nächsten X-Alps finden in
zwei Jahren statt. Dann sind Sie
46 Jahre alt. Gibt es trotzdem
einen nächsten Versuch, das Etap-
penrennen zu beenden?
Ich glaube, das Alter ist nicht
unbedingt ausschlaggebend für
eine Teilnahme. Vielmehr braucht
es Zeit für das harte Training, die
Organisation und den Wettbewerb
selbst. Außerdem muss man gute
Leistungen bei Wettbewerben oder
Streckenflügen vorweisen, ansons-
ten hat man keine Chance einen
Startplatz zu ergattern.
Was sind die Ziele für die nächste
Zeit?
Meine Planung für das nächste Jahr
ist noch komplett offen, da ich auf
die Termine eines Ausbildungskur-
ses warte. Die Zeit für einige gute
Streckenflüge sollte hoffentlich trotz
allem zur Verfügung stehen. Viel-
leicht geht sich auch der eine oder
andere Hike & Fly Wettbewerb aus.
Zudem würde mich 2014 ein Start
beim Südtirol Ultra Race reizen, da
ich in diesem Jahr so kurz nach der
Rückkehr von den X-Alps nicht in
der körperlichen Verfassung gewesen
wäre, mitzumachen.
Wie sieht das Training aus?
Vor allem in den zehn Monaten vor
den X-Alps ist das Training sehr in-
tensiv. Es besteht aus zwei komplett
unterschiedlichen Elementen: das
körperliche Training und das Flug-
training. Fliegen kann man natürlich
fast ausschließlich bei gutem Wetter.
Hier gilt es flexibel zu sein und
die guten Tage optimal zu nutzen,
was nicht immer ganz einfach ist.
Das Konditionstraining versuche ich
hingegen etwas auf die Wettervor-
hersage abzustimmen. Je nach Plan
trainiere ich vier bis sieben Mal die
Woche. Die Trainingsstrecken sind
sehr unterschiedlich. Mehr Spaß
macht es, im Gelände, also im Wald
oder auf den Bergen zu trainieren,
aber auch recht langweilige Jogging-
Einheiten auf den Radwegen von
Bozen aus Richtung Meran oder Auer
gehören zum Trainingsalltag. Es gab
auch Jahre in denen ich während
der Wintermonate stundenlang auf
dem Laufband im Fitnessstudio trai-
niert habe, natürlich auch mit dem
Rucksack am Rücken. Das hat schon
für einige lustige Fragen von „nor-
malen“ Studiobesuchern gesorgt.
Am schönsten ist es, wenn ich in
Klobenstein direkt von der Haustüre
weg losmarschiere, an der Schwarz-
seespitze mit dem Gleitschirm starte
und nach einem schönen Rundflug
über den Ritten wieder vor dem
Haus lande.
Wie lassen sich Beruf und Sport
auf so hohem Niveau verbinden?
Ich arbeite als technisch-praktischer
Laborlehrer an der Technologischen
Fachoberschule (kurz TFO, ehemals
GOB) in Meran.
Ich bin mir dessen bewusst, dass
ich nicht an die optimale Vorbe-
reitung der professionellen X-Alps
Teilnehmer herankomme. Dennoch
bin ich der Meinung, dass man
als Berufstätiger mit einem guten
Zeitmanagement und Disziplin viel
erreichen kann. Ich kann mir einen
Teil meiner Arbeitszeit so einteilen,
dass ich trainiere, wenn es draußen
noch hell ist und meine Vorberei-
tungsarbeit am Abend, oft auch in
der Nacht mache. Aber ich trainiere
auch öfters in der Dunkelheit, mit
der Stirnlampe ausgerüstet oder
sitze bis spät in die Nacht hinein
auf meinem Hometrainer. Vielmehr
muss die Familie in der Zeit der
intensiven Vorbereitung auf vieles
verzichten. Dass diese das mitträgt
ist nicht selbstverständlich und ich
bin sehr dankbar dafür.
Bleibt neben dem Paragleiten Zeit
für weitere Hobbys?
Mein Glück ist, dass das Paragleiten
immer noch mein liebstes Hobby
ist und ich sehr gerne so viel Zeit
als möglich in der Luft verbringe.
In den vergangenen Jahren habe
ich aber noch die Fotografie als
eine zweite Leidenschaft für mich
entdeckt. Bedingt durch das Gleit-
schirmfliegen und die für den Men-
schen ungewohnte Perspektive von
oben auf unsere Berge, eine der
schönsten Naturlandschaften der
Erde, fotografiere ich vor allem in der
Luft. Die Fotos sind eine bleibende
Erinnerung für mich, denn die vielen
Eindrücke die man in der Luft erlebt,
verschwinden doch immer wieder
zu schnell aus meinem Kopf. Die
Fotos kann ich mir jederzeit wieder
anschauen.
Vielen Dank für das Interview
und weiterhin alles Gute.