Seite 34 - PLUS_20_2013

Basic HTML-Version

34
Politik
Geschätzte Leser,
Mittwoch, 27 November 2013, 17.42 Uhr: ein Stück
Geschichte wird geschrieben oder -
melius
- ein
Stück Geschichte endet. Silvio Berlusconi gehört
nicht mehr dem italienischen Parlament an, der
Amtsverfall ist dekretiert (juridisch korrekt wird
das anders formuliert und die Bestätigung seiner
Wahl verweigert) und der Alte ist nach fast dreißig
Jahren politischer Tätigkeit an vorderster Reihe
‚normaler‘ Staatsbürger. Die letzten verzweifelten
Rettungsversuche seiner Getreuen waren nicht
mehr ernst gemeint, der Ausgang der Abstimmung
war klar, wohl alle haben die Unabwendbarkeit des
Loses von Berlusconi verinnerlicht, einige haben
sich rechtzeitig aus dem Staub gemacht und die
neue Mitte-Rechts-Bewegung gegründet und manche
hoffen noch, dass der verwundete Löwe Lust und
Kraft hat, das Ruder herum zu reißen und Forza
Italia in einen Wahlsieg zu führen. Berlusconi selbst
spricht sich Mut zu, Grillo und Renzi würden auch
außerhalb des Parlamentes Politik machen und
seine Wiederkehr auf der politischen Bühne, wenn
auch nicht im Parlament, sei gesichert … aber es
sind wohl nur mehr die letzten Zuckungen eines
zu Tode Verwundeten, der gerade noch die Kraft
aufbringt, seiner Gefährtin die Hand zu reichen,
damit diese sie küssen kann. Die Lächerlichkeit
eines Untergangs könnte sich kaum eine treffendere
Inszenierung ausmalen. Im Machtgefüge römischer
Politik hat sich wenig geändert, Forza Italia ist in
die Oppositionsrolle abgewandert, dass Letta eine
Mehrheit auch im Senat hat, weiss man seit dem
2. Oktober und letztendlich liegt es nun beim PD
selbst, diese Mehrheit und damit die Stabilität der
Regierung nicht zu gefährden. Weit gefehlt, würde
man glauben, dies sei nun ein gemachtes Spiel.
Der Druck des selbstdeklarierten Erneuerers Renzi
wächst, seine Forderungen an die Regierung (und
damit an die eigene Partei, die er am 8. Dezember
zu übernehmen gedenkt) werden massiver und vor
allem unverhohlen formuliert, aber Letta pariert
geschickt und tut dies als bloßes Getöse im (Wahl)
Kampf um den Parteivorsitz ab. Mag auch so sein,
aber Renzi ist sich sehr wohl bewusst, dass sein
Kometendasein eine auf Jahre stabile Regierung
Letta auch nicht überstehen könnte
und da ist wohl noch einiges von ihm
zu erwarten. Ob seine parlamentari-
schen Anhänger und Verbündeten im
PD allerdings für einen Meuchelmord
an Letta zu gewinnen sein werden, ist
mehr als fraglich, denn kaum ein Par-
lamentarier hat Lust auf Neuwahlen
und auf das damit verbundene Risiko,
seinen Sessel räumen zu müssen. Auch
hat sich Letta als gewiefter Taktiker
entpuppt, der Renzi durchaus das
Wasser reichen kann. Skurril mag da
erscheinen, dass nunmehr Berlusco-
ni auf Renzi zu setzen scheint, um
Neuwahlen in einem für ihn auch
altersbedingt erreichbaren Zeitrahmen
zu erreichen. Die Flatterhaftigkeit
römischer Zweckgemeinschaften ist
kaum zu überbieten, ewig sind in
dieser Stadt derzeit wohl nur noch die Unbekannten
und die Überraschungen.
Ach ja, sollten eigentlich nicht die Überarbeitung
des Wahlgesetzes und die Verfassungsreform die
große Herausforderung dieser Legislatur sein? (Fast
schon) Schnee von gestern, nur Napolitano, der sich
wie nie ein Staatspräsident zuvor in die Agenden
der Tagespolitik einbringt (und einmischt), mahnt
noch daran … ob mit Erfolg, weiss hier niemand.
Grüße aus Rom, am Tag danach, 28. November 2013
Manfred Schullian
Kammerabgeordneter
Geschrieben am
28. November 2013
Brief aus Rom
von Robert Adami
Spaß beiseite!
Was soll ich nur schenken?
Haben Sie schon alle Weihnachtsgeschen-
ke besorgt? Wenn Sie jetzt zufrieden
mit dem Kopf nicken, dann kann ich
nur sagen: beneidenswert. Dann können
Sie sich jetzt ja zurücklehnen und den
Weihnachtsstress…pardon, die Weih-
nachtszeit in vollen Zügen genießen.
Einmal im Leben habe ich das mit der
frühen Besorgung der Geschenke auch
zustande gebracht, es muss ungefähr 1993
gewesen sein. Ansonsten bin ich eher der
last-minute-Geschenke-Typ. Es ist ja auch
nicht wirklich leicht, denn Krise hin und
Krise her, das richtige Geschenk für jeden
der Lieben muss erst gefunden werden.
Letztes Jahr z.B. wollte ich Tante Hilde in
die wunderbare Welt der digitalen Kommu-
nikation, also ins Internet (oder wie Tante
Hilde sagt: Hinternetz) einführen und
habe ihr deswegen einen dieser neuarti-
gen, mittels Fingertipp steuerbaren Flach-
computer, auch Eipäd genannt, geschenkt.
Als uns Tante Hilde dann am Stephanstag
den Kaffee auf dem Ding servierte und
begeistert davon schwärmte, wie nützlich
so ein kleines Tablett doch sein konnte,
keimten in mir dann doch gewisse Zweifel
an der Sinnhaftigkeit dieses Geschenks
auf… Tante Hilde selbst hingegen macht
es sich mit dem Schenken einfach: Meine
Wenigkeit kriegt von ihr zu Weihnachten
seit Menschengedenken einen Pyjama;
und zwar immer den gleichen. Blaue Hose,
rotes Jäckchen, übersät mit kleinen gel-
ben Bärchen. In meinem Schrank befindet
sich eine Kollektion an Bärchen-Pyjamas,
chronologisch einzuordnen nach dem Grad
der farblichen Ausbleichung…
Aber Spaß beiseite. Ohne Tante Hildes
Pyjama würde mir an Weihnachten etwas
fehlen. Denn erstens bilde ich mir heute
noch ein, dass meine Frau die Dinger sexy
findet. Und zweitens ist es nicht wichtig,
was man sich schenkt, sondern dass man
aneinander denkt. Und dazu braucht es
nicht einmal einen Bärchen-Pyjama. Es
genügt ein liebes Wort. In diesem Sinne
wünsche ich Ihnen allen eine besinnliche
Adventszeit und eine frohe Weihnacht!